Bald zweieinhalb Jahre nach der Amtsübernahme der „Ampel“ gibt es keinen Zweifel mehr: diese Bundesregierung ist die verheerendste der letzten Jahrzehnte. Viele Deutsche hoffen, daß der Spuk spätestens mit der nächsten Bundestagswahl 2025 zu Ende ist. Laut aktuellen Umfragen sind 72 Prozent der Deutschen mit der „Ampel“ unzufrieden und wollen den politischen Wechsel.
Doch es gibt eine beunruhigende Unbekannte: was, wenn Deutschland 2025 im Krieg ist? Dann fallen die Wahlen aus. Artikel 115 h des Grundgesetzes ist unmißverständlich. Dort heißt es in Absatz 1: „Während des Verteidigungsfalles ablaufende Wahlperioden des Bundestages oder der Volksvertretungen der Länder enden sechs Monate nach Beendigung des Verteidigungsfalles.“ Und Absatz 3 legt fest: „Für die Dauer des Verteidigungsfalles ist die Auflösung des Bundestages ausgeschlossen.“
Es hat deshalb einen ausgesprochen beunruhigenden Beigeschmack, daß ausgerechnet die Kriegstreiberin und Rüstungslobbyistin Marie-Agnes Strack-Zimmermann (F.D.P.) schon am 1. September 2023, dem Jahrestag des Kriegsbeginns 1939, auf X (vormals Twitter) auf diese Möglichkeit hinwies. Es würde aber erklären, warum führende Vertreter der deutschen politischen Klasse den Krieg mit Rußland seit Monaten geradezu herbeischreiben. Kann es sein, daß sie den Krieg wollen, um an der Macht zu bleiben?
Ein irrwitziges Szenario. Aber: dem politischen Irrsinn, der Deutschland geradewegs in die militärische Konfrontation mit Rußland zu treiben droht, sind längst keine Grenzen mehr gesetzt. Ob es um die selbstmörderische Forderung geht, deutsche „Taurus“-Marschflugkörper an die Ukraine zu liefern oder, wie es der CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter formulierte, „den Krieg nach Rußland [zu] tragen“ – sinnvoll ist das alles nur, wenn man den Krieg um jeden Preis will und jegliche Rationalität außen vorläßt.
Kriegsertüchtler Nr. 1 – Der BRD-Verteidigungsminister Boris Pistorius, SPD.
Danach ist man bekanntlich immer klüger. Als sich Bundesverteidigungsminister Pistorius (SPD) Ende Oktober 2023 im ZDF dafür aussprach, die deutsche Gesellschaft müsse „kriegstüchtig“ werden, war das nur der Anfang. Seither überbieten sich Vertreter aus Wirtschaft, Medien und Politik darin, nicht nur die Kriegstüchtigkeit, sondern den Krieg selbst Realität werden zu lassen. Das Ganze ist umso absurder, als alle Beteiligten wissen, daß die Bundeswehr dem militärischen Ernstfall nicht lange gewachsen wäre. Bei der Artillerie reichen die Munitionsvorräte für gerade einmal zwei Tage.
Doch die Bundesregierung scheint entschlossen, ihr Drehbuch, das Washington D. C. Diktierte, durchzuziehen. Dieses liegt inzwischen sogar öffentlich vor, und zwar als Bundestags-Drucksache Nr. 20/10476 vom 19. Februar 2024. Es handelt sich um einen „Bericht zur Risikoanalyse für den Zivilschutz“. Man braucht nicht viel Phantasie, um in dem 13-Seiten-Papier die Blaupause für einen möglichen Konflikt mit Rußland zu sehen, den Berlin im Verbund mit der NATO seit Monaten zielstrebig vorantreibt.
Der Plan geht von einem Vier-Phasen-Szenario aus. Interessanterweise hält sich die Bundesregierung dabei schon in einem sehr frühen Stadium die Möglichkeit offen, die Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten der Gesellschaft einzufrieren und unter Hinweis auf den Ernstfall eine weitgehende Gleichschaltung durchzusetzen. Überraschend kommt diese Ankündigung nicht, denn das vor wenigen Wochen von den Ministerinnen Faeser (SPD) und Paus (Grüne) vorgestellte jüngste Maßnahmenpaket gegen „Rechts“ enthält genau dasselbe. VS-Chef Haldenwang hat kürzlich in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ nochmals ausdrücklich bekräftigt, daß Meinungsäußerungen „auch unterhalb der strafrechtlichen Grenzen und unbeschadet ihrer Legalität“ problematisch sein könnten, d. h. mit Repressionen vonseiten der Staatsorgane rechnen müßten.
Das Eskalationsszenario der Bundesregierung sieht bis zum Ausbruch eines „heißen“ Konflikts noch weitere Stufen vor, die durch den „fließenden Übergang in jede weitere Phase“ gekennzeichnet sind. Dem „Aggressor“, der dabei stillschweigend mit Rußland gleichgesetzt wird, wird unterstellt, daß er schrittweise von der Einschüchterung über Aktionen der „hybriden Kriegführung“ und Angriffe auf die Cyber-Infrastruktur zur offenen militärischen Aggression übergeht. Hierzu ist anzumerken, daß unvoreingenommene Militärexperten, auch westliche, in Wahrheit keinerlei ernstzunehmende Anzeichen für eine russische Aggression gegen den Westen erkennen können.
Es paßt ins größere Szenario, daß in Bundeswehrkreisen in diesen Wochen mit Hochdruck an der Fertigstellung des sogenannten „Operationsplans Deutschland“ gearbeitet wird, mit dem die zivil-militärische „Gesamtverteidigung“ erstmals seit dem Kalten Krieg komplett neu aufgestellt wird. Bemerkenswert ist auch hier, daß in die Ernstfallplanungen der Verfassungsschutz einbezogen ist. „Je besser wir vernetzt sind, desto früher können wir Bedrohungen erkennen und desto besser können wir uns gegen diese Bedrohungen schützen“, sagt Generalleutnant Bodemann. Das betreffe das Militär, aber auch Polizei und Verfassungsschutz sowie alle „Sensoren, die wir in Deutschland haben“. Dann wird der General deutlicher: alles gelte „schon jetzt, also unterhalb von einem Kriegszustand, von einem Spannungsfall oder dem Verteidigungsfall, von Artikel 5 der NATO, weil wir jetzt schon Bedrohungen sehen“.
André Johannes Bodemann (* 13. August 1965 in Hagen/Westfalen) ist als Generalleutnant des Heeres seit dem 1. April 2023 Befehlshaber des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr. In dieser Funktion nimmt er gleichzeitig die Aufgaben des Nationalen Territorialen Befehlshabers (NatTerrBefh) der Bundeswehr wahr.
Offenbar werden diese Bedrohungen auch von anderen gesehen. – An einen Zufall kann man dabei eigentlich nicht denken. So überraschte Bundesgesundheitsminister Lauterbach (SPD) jüngst mit der Ankündigung, er wolle auch das Gesundheitssystem für „eventuelle militärische Konflikte besser aufstellen“. Bundeswirtschaftsminister Habeck (Grüne) wiederum möchte die Rüstungsproduktion hochfahren. Auch er spricht sich dafür aus, „Einsatzszenarien der Landesverteidigung“ wieder zu reaktivieren. Und Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger (FDP) sieht gar die Schulen in der Verantwortung, junge Menschen auf den Kriegsfall vorzubereiten. Sie hält Zivilschutzübungen an den Schulen und Informationsveranstaltungen mit Bundeswehroffizieren für wünschenswert. Eine solche parteiübergreifende Einigkeit von Schwarz über Gelb bis Grün und Rot in puncto Militarisierung hat Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr erlebt.
Richtig ist, daß nicht nur die Bundeswehr, sondern auch der Heimat- und Zivilschutz über Jahrzehnte hinweg geradezu sträflich vernachlässigt wurde. Im Ernstfall wäre das Land heute weitgehend schutz- und hilflos. Doch der zeitliche Gleichklang der neuen deutschen Kriegsertüchtigung mit einer immer halsbrecherischeren Konfrontationspolitik der Bundesregierung gibt Anlaß für schlimmste Befürchtungen.
Und dann ist da auch noch das NATO-Großmanöver „Steadfast Defender“, die größte Militärübung des westlichen Bündnisses seit Jahrzehnten. Mindestens 90.000 NATO-Soldaten nehmen in diesen Wochen daran teil, allein die Bundeswehr mit rund 12.000 Soldaten. Geübt werden dabei nicht nur Flußüberquerungen unter Gefechtsbedingungen, sondern vor allem die schnelle Verlegung großer Truppen- und Materialkontingente an die sogenannte NATO-„Ostflanke“, wobei sich das Bündnis die vor allem in Polen in den letzten Jahren aufgebaute Transport- und Umschlag-Infrastruktur zunutze machen kann.
Zum Standard-Übungsprogramm des Warschauer Paktes gehörte in Zeiten des Kalten Krieges der unvermittelte Übergang zum Angriff aus dem Manöver heraus. In spätestens einer Woche sollte der Atlantik erreicht sein. Nur besonders boshafte Verschwörungstheoretiker könnten auf die Idee kommen, NATO und Bundeswehr führten heute Ähnliches in entgegengesetzter Richtung im Schilde.