Pappergers Traum

Ein Panzer-Imperium für die Ukraine – Der Chef des deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall hat ehrgeizige Pläne

Der traditionsreiche deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall sieht goldenen Zeiten entgegen. Der Krieg in der Ukraine hat in den meisten westlichen Ländern zu einem Umdenken in Rüstungsfragen geführt. Nach Jahrzehnten der Sparsamkeit wird jetzt überall die Notwendigkeit moderner Streitkräfte gesehen, und das kostet Geld. Allein die deutsche Bundesregierung hat letztes Jahr 100 Milliarden Euro für Verteidigungsausgaben lockergemacht, um die Bundeswehr aufzurüsten. Rheinmetall hat Grund zur Hoffnung, daß ein ordentliches Stück von diesem Kuchen den eigenen Umsätzen zugutekommen wird.

Zwar ist die Düsseldorfer Waffenschmiede inzwischen ein „global player“ mit Standorten rund um die Welt. Nur noch die Hälfte der Belegschaft arbeitet in Deutschland, und mehrheitlich befindet sich der Konzern heute im Besitz nichtdeutscher, vor allem US-amerikanischer Anteilseigner. Aber zum Kerngeschäft gehört nach wie vor der Panzerbau. Hier verfügt Rheinmetall mit dem „Leopard 2“ nach wie vor über einen bewährten Trumpf. Denn auch wenn der „Leo“ inzwischen in die Jahre gekommen ist, wollen viele der Nutzerländer immer wieder kostspielige Modernisierungprogramme für ihre Bestände – oder wollen ihre kampfwertgesteigerten Exemplare an die Ukraine liefern.

Seit Sommer letzten Jahres hat Rheinmetall außerdem noch ein neues As im Ärmel. Auf der Pariser Rüstungsschau „Eurosatory 22“ wurde der überraschten Fachwelt mit dem KF51 ein komplett neuentwickelter Kampfpanzer vorgestellt. Die Düsseldorfer Panzerbauer zögerten auch nicht, ihr neues Produkt plakativ mit dem Nimbus eines bewährten deutschen Panzerkampfwagens zu bewerben, und stellten den KF51 als neuen „Panther“ vor – in Anspielung an den früheren Panzer V der Wehrmacht, eines der erfolgreichsten Waffensysteme des Krieges.

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Dipl.-Ing. Armin Theodor Papperger (* 30. Januar 1963 in Mainburg/Niederbayern) ist Vorstandsvorsitzender der DAX-notierten Rheinmetall AG. Zudem ist er seit 2014 Präsident des Bundesverbands der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV). Papperger hat seit 2013 die Internationalisierung des Rheinmetall-Konzerns maßgeblich vorangetrieben. Einer seiner größten unternehmerischen Erfolge ist die strategische Neuausrichtung Rheinmetalls, die im Jahr 2021 verkündet wurde und die Transformation zum integrierten Technologiekonzern zum Inhalt hatte.

Im Februar 2023 folgte dann der nächste Paukenschlag. Konzernchef Armin Papperger kündigte an, ausgerechnet in der vom Krieg heimgesuchten Ukraine aktiv werden zu wollen. „Für rund 200 Millionen Euro kann ein Rheinmetall-Werk in der Ukraine aufgebaut werden, das jährlich bis zu 400 ‚Panther‘ produziert“, stellte er seine kühne Vision vor. Sogar eine eigene Luftabwehr würde Rheinmetall gleich mitliefern – vorausgesetzt, der Krieg mit Rußland dauert noch so lange.

Papperger würde mit seinem ehrgeizigen Projekt kein großes Risiko eingehen. Denn Bundeswirtschaftsminister Habeck (Grüne) sicherte der ukrainischen Regierung im April großzügig zu, daß die Bundesregierung eine Investitionsgarantie für deutsche Firmen in der Ukraine übernimmt.

Eigentlich ist eine solche Zusage in Zeiten des Krieges purer Irrsinn, weil man damit rechnen muß, daß das Geld am Ende weg ist. Aber das Geld der deutschen Steuerzahler ist für die Bundesregierung schon lange kein Argument mehr. Würde Pappergers Panzerfabrik also von russischen Raketen pulverisiert, würde das die Unternehmensbilanz in keiner Weise belasten, weil der deutsche Steuerzahler das volle Ausfallrisiko übernimmt. Eine Win-Win-Situation, von der jeder Unternehmer nur träumen kann.

Inzwischen hat das Vorhaben Fahrt aufgenommen. Im Juli gab der Rheinmetall-Chef in einem CNN-Interview neue Informationen bekannt. Schon in den nächsten „zwei bis drei Monaten“ solle demnach in der Westukraine die erste Panzer-Werkstatt eröffnet werden. Die Ukraine brauche 600 bis 800 Panzer für einen Sieg gegen Rußland, wiederholte Papperger die bekannte Forderung des ukrainischen Oberbefehlshabers Saluschnyj vom Dezember. Damit diese Menge zusammenkomme, müsse der Bau neuer Panzer schnell starten. „Selbst wenn Deutschland alle zur Verfügung stehenden 300 Leopard-2-Panzer der Bundeswehr abgäbe, wären das deutlich zu wenige“, drängt der Konzernchef, für den der Krieg eine Gelddruckmaschine ist.

Nach aktuellem Planungsstand will Rheinmetall den Ukrainern rund 250 „recycelte“ Panzer zur Verfügung stellen. Die Arbeiten laufen auf Hochtouren. 40 Schützenpanzer „Marder“ sollen bereits einsatzfähig gemacht worden sein, bis Jahresende sollen es rund 100 sein. Von 50 „Leopard“ 2A4 sollen rund 30 Stück fertig sein. Außerdem sollen noch rund 100 ältere „Leopard 1“ hinzukommen. Aber: noch besser ist es, man verkauft den Ukrainern nicht nur alte Panzer, sondern man baut auch gleich neue, die man ihnen ebenfalls verkaufen kann.

Der Rheinmetall-Chef zeigt sich zuversichtlich, daß der Krieg in der Ukraine noch lange genug hinausgezögert werden kann, damit sein ukrainischer Panzer-Traum wie geplant Gestalt annehmen kann. Er spekuliert sogar darauf, daß die Ukrainer mit seinen Panzern irgendwann „ihr Territorium ganz zurückzuerobern“ können.

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Der KF51 „Panther“ ist ein Kampfpanzerprojekt des Rüstungskonzerns Rheinmetall. Ein Prototyp wurde im Juni 2022 auf der Rüstungsmesse Eurosatory vorgestellt.

Erst dieser Tage ließ er die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ wissen, daß zumindest mit der Wartung von Panzern in der Ukraine nun schon bald begonnen werden solle. „Das kann schnell gehen, es gibt dort genügend gut ausgestattete Panzerfabriken aus Sowjetzeiten.“ Die vom Westen gelieferten Panzer sind in den aktuellen Kämpfen einem hohen Verschleiß ausgesetzt. Auch die Instandsetzung beschädigter Panzer ist ein lukratives Geschäft.

Bei aller Zuversicht hat Papperger seine Rechnung aber womöglich ohne die russische Seite gemacht. Schon vor Monaten teilte der russische Ex-Präsident Dmitri Medwedew, derzeit stellvertretender Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrates, auf Telegram mit: „Wenn die Fritzen entscheiden, dort tatsächlich zu bauen (obwohl sie eigentlich pragmatische Leute sind), dann warten wir sehen. Das Ereignis wird mit gebührendem Salut aus ‚Kalibr‘ und anderen pyrotechnischen Anlagen begangen“, stellte er in Aussicht. Der russische Rüstungskonzern Rostec legte kürzlich nach und versicherte, daß „nichts und niemand“ die modernen russischen „Kinshal“-Hyperschallraketen abwehren könne.

Der Rheinmetall-Chef kann darüber nur lachen: es ist nicht sein eigenes Geld, das in der Ukraine verbrannt wird, und die ukrainischen Arbeiter, die seine Panzer zusammenschrauben sollen, sind bestenfalls Hilfswillige, die wieder nachgekauft werden können. Armin Papperger und die Lobby des militärisch-industriellen Komplexes können nur gewinnen.

Titelphoto: Die Rheinmetall AG ist ein 1889 gegründeter, börsennotierter deutscher Rüstungskonzern und Automobilzulieferer mit Sitz in Düsseldorf. Im Geschäftsjahr 2022 (2021) erwirtschaftete das Unternehmen mit insgesamt 25.486 (23.945) Mitarbeitern (FTE) einen Umsatz von 6,410 (5,658) Milliarden Euro. Rheinmetall war 2017 auf Platz 25 der größten Rüstungsunternehmen weltweit. Im Bild: Rheinmetall-Verwaltungsgebäude in Düsseldorf-Derendorf aus dem Jahre 1914.

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