Spiel mit dem Feuer

Illusionen sind fehl am Platz: Natürlich wird Deutschland „Taurus“-Marschflugkörper an die Ukraine liefern

Es blieb wieder einmal Bundesaußenministerin Annalena Baerbock vorbehalten, die Diskussion durch ihre gnadenlose Kenntnislosigkeit ins Absurde zu treiben. Die grüne Außenamtschefin, die bekanntlich auch Länder bereist, die „hunderttausende Kilometer entfernt“ sind, befürwortete dieser Tage die Lieferung deutscher „Taurus“-Marschflugkörper an die Ukraine mit dem grotesken Argument, nur damit könnten die „riesengroßen Minengürtel“ überwunden werden, die die russischen Streitkräfte in der Ostukraine angelegt haben: „Diese entsprechen in etwa der Größe Westdeutschlands.“

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Unsere Schnatterlena verliert mal wieder das geographische Bewußtsein und phantasiert über die Größe der russischen Minenfelder – groß wie Westdeutschland...

Natürlich ist das blanker Unfug. Die russischen Minenfelder in der Ostukraine, an denen sich die Ukrainer nun schon seit Monaten blutige Nasen holen, sind mitnichten so groß wie „Westdeutschland“ – also die frühere Bundesrepublik vor der Wiedervereinigung 1989/90 –, sondern in der Regel mehrere hundert Meter, maximal einige Kilometer tief. Man braucht auch keine Marschflugkörper, um sie zu überwinden, sondern Pioniere und Minenräumgerät. An beidem fehlt es den Ukrainern, weshalb ihre großangekündigte Gegenoffensive gerade krachend scheitert. Marschflugkörper würden daran nichts ändern.

Ihre Lieferung an das Kiewer Regime wäre aber eine weitere rote Linie, die Deutschland überschreiten würde. Losgetreten wurde die brandgefährliche Diskussion Ende Mai von den US-Amerikanern, die Ende Mai einen folgenschweren Kurswechsel ihrer Ukraine-Politik vollzogen. Erfahrungsgemäß bleibt der deutschen Vasallenregierung nichts anderes übrig, als mitzumachen.

Bislang legte die US-Regierung Wert darauf, daß vom Westen an die Ukraine gelieferte Waffen kein russisches Territorium erreichen können, oder sie untersagte Kiew solche Einsätze ausdrücklich. Diese Position gab Washington im Mai auf. Der US-Nachrichtensender CNN zitierte den Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates im Weißen Haus, John Kirby, mit den Worten: „Sobald wir den Ukrainern die Systeme zur Verfügung stellen, (...) können sie selbst entscheiden, was sie damit machen wollen. Sie haben uns zugesichert, daß sie unsere Ausrüstung nicht für Angriffe innerhalb Rußlands verwenden werden. Aber wenn sie ihnen übergeben werden, gehören sie ihnen.“ Damit überläßt es Washington den Ukrainern, wofür sie die gelieferten Waffen einsetzen: auch für Angriffe auf zivile Einrichtungen (was Kiew seit 2014 praktiziert), auch für Angriffe auf russisches Staatsgebiet.

Bisher waren die britischen „Storm-Shadow“-Marschflugkörper die einzigen westlichen Waffensysteme, deren Reichweite groß genug ist, um von den Schlachtfeldern in der Ostukraine aus Ziele weit im russischen Hinterland erreichen zu können. Wenn die Bundesregierung – was zu erwarten steht – auch diesmal einknickt und dem Kiewer Regime deutsche „Taurus“-Marschflugkörper liefert, könnten diese sogar Moskau erreichen; die Reichweite des Geräts, das offiziell als „Modulare Abstandswaffe“ bezeichnet wird, wird mit bis zu 500 Kilometern angegeben.

„Taurus“ kann nicht nur mit einem leistungsfähigen konventionellen Sprengkopf z. B. gegen Bunker und Schiffsziele eingesetzt, sondern auch mit Smart- und Streumunition bestückt werden, um damit z. B. Flugplätze und gegnerische Panzerverbände zu bekämpfen. Eine weitere Eskalation des militärischen Konflikts wäre vorprogrammiert.

Daß der ukrainische Botschafter in Berlin, Oleksij Makejew, zu den lautesten Stimmen gehört, die die vermeintliche Wunderwaffe von der Bundesregierung fordern, überrascht nicht: die Hauptaufgabe des ukrainischen Botschafters in Deutschland ist es nun einmal, zu fordern, zu fordern und nochmals zu fordern.

Bedrückender ist aber, mit welcher Mischung aus Realitätsblindheit und nacktem Russenhaß deutsche Regierungspolitiker sich die ukrainische Forderung zueigen machen. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Andreas Schwarz erklärte in der zweiten Augustwoche allen Ernstes: „Wir wollen die Ukraine in die Lage versetzen, den Krieg schneller zu gewinnen. [!] Dafür braucht sie Luft-Boden-Marschflugkörper vom Typ ‚Taurus‘.“

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Der oberfränkische Sozialdemokrat und Waffen-Lobbyist Andreas Schwarz (* 3. März 1965 in Berleburg) ist seit 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages und will, daß die Ukrainer „den Krieg schneller“ gewinnen.

Eine stattliche Mehrheit der Deutschen sieht das anders: 66 Prozent der Bundesbürger – das ergab eine Umfrage der Sender RTL und n-tv Mitte August – lehnen eine „Taurus“-Lieferung an die Ukraine ab. Nur 28 Prozent sind dafür.

Das ist Scholz, Baerbock und Co. aber völlig egal. Ziemlich genau vor einem Jahr erklärte die grüne Außenministerin öffentlich, sie halte an der Ukraine-Unterstützung fest, „egal, was meine deutschen Wähler denken“. Seitdem kann sich niemand mehr darüber hinwegtäuschen, daß die Bundesregierung tut, was sie will – bis hin zur vorsätzlichen Schädigung deutscher Interessen.

In Wahrheit ist die Entscheidung über die Lieferung deutscher „Taurus“-Raketen an das Kiewer Regime vermutlich längst gefallen. Deutschland wird liefern – wie es zuvor bereits Kampfpanzer, Panzerhaubitzen und Millionen Schuß Munition geliefert hat. Die Ukraine will der Bundesregierung sogar zugesichert haben, die westlichen Marschflugkörper nicht für Angriffe auf russisches Gebiet einzusetzen. Aber solche Zusicherungen sind eine reine Beruhigungspille für die Öffentlichkeit. Sie sind nichts wert, weil die Selenskyj-Regierung alles unternimmt, um ihre westlichen Unterstützer in den Konflikt mit Rußland hineinzuziehen.

Auch in Moskau weiß man, was man von der Bundesregierung zu erwarten hat. Der russische Botschafter in Deutschland, Netschajew, erklärte in einer Pressemitteilung, Moskau mache sich keine Illusionen darüber, daß die deutsche Regierung „die mit dem Einsatz von weitreichenden Marschflugkörpern verbundenen Risiken einer Eskalation plötzlich begreifen wird“.

Welche das sind, daran ließ Kremlchef Putin schon Anfang des Jahres keinen Zweifel: „Ein Umstand sollte allen klar sein: je weitreichender die westlichen Systeme sind, die in die Ukraine kommen, desto weiter werden wir gezwungen sein, die Bedrohung von unseren Grenzen wegzuschieben. Das ist natürlich.“

Es wäre keine Überraschung, wenn die ukrainische Ostgrenze schon bald 500 Kilometer weiter westlich verläuft. Und das wäre der nächste durchschlagende „Erfolg“ der Ukraine-Politik der USA-hörigen BRD-Politiker.

Titelphoto: Der Taurus ist ein deutscher Mittelstrecken-Luft-Boden-Marschflugkörper. Taurus wurde als Modulare Abstandswaffe (MAW) für verschiedene Nutzlasten und Missionen entwickelt. Im Bild: Marschflugkörper Taurus KEPD 350 unter einem Eurofighter Typhoon.

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