Die Krake BlackRock über Kiew

Der weltgrößte Vermögensverwalter expandiert jetzt in Richtung Ukraine

Der Buchautor Ernst Wolff, Verfasser u. a. von Weltmacht IWF (2014), beschäftigt sich seit längerem mit den Wechselbeziehungen von Wirtschaft und Politik und dabei insbesondere mit der Geld- und Finanzwirtschaft. Wolffs Einschätzung zufolge sind Vermögensverwalter und Finanzdienstleister wie BlackRock oder Vanguard aufgrund ihrer finanziellen Potenz in der Lage, alle Märkte auf dem Globus nach Belieben zu steuern. Auf diese Weise können sie widerborstige Regierungen problemlos unterwerfen.

die-krake-blackrock-ueber-kiew
BlackRock Inc., eine 1988 gegründete Fondsgesellschaft, ist u. a. bekannt durch ihre Marke „iShares“, unter welcher börsengehandelte Indexfonds (ETFs) vertrieben werden. Durch die Kapitalbeteiligungen ihrer Fonds übt BlackRock einen erheblichen Einfluß auf börsennotierte Unternehmen aus. An fast sämtlichen börsennotierten Unternehmen hält BlackRock signifikante Anteile, teilweise ist BlackRock sogar der größte Anteilseigner. BlackRock verwaltet weltweit über 10 Billionen Fed-Dollar (Stand: März 2022). Im Bild: Das BlackRock-Hauptquartier in Hudson Yards, New York City.

Außerdem befindet sich BlackRock in der Rolle eines Monopolisten. So verfügt der Gigant über ein Finanzdaten-Analysesystem mit dem Namen »Aladdin«. Es ist weltweit einzigartig, womit große Banken und die bedeutenden Zentralbanken ihre Analysen samt und sonders über BlackRock beziehen. Entscheidend ist zudem die Kontrolle über die Meinung. Auch hier hat BlackRock seine Kraken-Arme ausgebreitet: Zusammen mit Vanguard wird – mit Hilfe beträchtlicher Aktienanteile – die Kontrolle über die Berichterstattung der zehn größten US-Medienunternehmen ausgeübt. NGOs, wie zum Beispiel Greenpeace oder Amnesty International, hängen laut Wolff ebenso wie Universitäten am Tropf von BlackRock. Entscheidende Handlanger seien indes Stiftungen wie die Open Society Stiftung von George Soros, die Bill & Melinda Gates-Stiftung und das World Economic Forum (WEF).

die-krake-blackrock-ueber-kiew
Laurence „Larry“ Douglas Fink (* 2. November 1952 in Los Angeles) war 1988 Mitgründer des Unternehmens BlackRock, dessen Vorsitzender er seit 1998 ist. Fink ist auch Mitglied des Kuratoriums des Weltwirtschaftsforums.

BlackRock engagiert sich mittlerweile auch in der Ukraine. Am 28. Dezember des vorigen Jahres meldete der US-amerikanische Nachrichtensender CNBC: »Selenskyi and BlackRock CEO Fink agree to coordinate Ukraine investment.« Demnach kamen der ukrainische Präsident und Lawrence (»Larry«) Fink, Hauptgeschäftsführer des US-Vermögensverwalters BlackRock, überein, »sich in naher Zukunft darauf zu konzentrieren, die Anstrengungen aller potentiellen Investoren und Teilnehmer am Wiederaufbau des Landes zu koordinieren und Investitionen in die am meisten relevanten und wirkungsvollsten Sektoren der ukrainischen Ökonomie zu lenken«. Dieser Vereinbarung war im November 2022 ein „Memorandum of Understanding« vorausgegangen, das BlackRock mit dem ukrainischen Wirtschaftsministerium unterzeichnet hatte. Der Vereinbarung zufolge wird der US-Vermögensverwalter der Kiewer Regierung, dabei insbesondere dem Ministerium für Wirtschaft, bei einem Investitionsfahrplan für den Wiederaufbau der ukrainischen Wirtschaft beratend zur Seite stehen.

Harte US-amerikanische Interessen

Sind hier etwa weltweite Rührung hervorrufende uneigennützige Kräfte am Werk? Mitch McConnell, der Fraktionsvorsitzende der Republikaner im US-Senat, platzte angesichts der kunstvoll gedrechselten Solidaritäts-Bekundungen für die Ukraine am 21. Dezember glatt der Kragen. McConnell wörtlich: »Und lassen Sie uns das klarstellen. Der Grund dafür, daß eine große parteiübergreifende Mehrheit im Kongreß die weitere Unterstützung der Ukraine befürwortet, ist nicht in dem Wunsch begründet, sich philanthropisch zu engagieren. Die wichtigsten Gründe für die weitere Unterstützung der Ukraine bei der Niederringung der russischen Invasoren sind kalte, harte, praktische amerikanische Interessen.« Damit ist neben Rüstungs-Giganten wie Lockheed Martin, Northrop Grumman und Raytheon natürlich auch der Investmentbereich gemeint.

Sie schätzen beide das Engagement der USA sowie die Aktivitäten von BlackRock in der Ukraine realistisch und nüchtern ein:

die-krake-blackrock-ueber-kiew
Matthew Duss, Gastdozent bei der Carnegie Endowment for International Peace, ist außenpolitischer Berater des demokratischen US-Senators Bernie Sanders aus Vermont.

die-krake-blackrock-ueber-kiew
Addison Mitchell „Mitch“ McConnell Jr. (* 20. Februar 1942 in Tuscumbia, Alabama) vertritt seit dem 3. Januar 1985 den Bundesstaat Kentucky im US-Senat und ist dort seit Januar 2007 Fraktionsvorsitzender der Republikaner.+++

Das genannte Rüstungs-Trio konnte, wie das Portal NachDenkSeiten am 18. Januar berichtete, 2022 satte Umsätze verbuchen. Demnach erwarben Verbündete der USA im vergangenen Jahr Waffen für rund 50 Milliarden US-Dollar, was einer Steigerung von satten 43 Prozent im Vergleich zu 2021 entspricht. Autor Florian Warweg berichtete in diesem Zusammenhang über einen an Zynismus kaum zu überbietenden Vorgang: Derweil Menschen an den Fronten kämpfen und verbluten, sponserten Rüstungsfirmen einen Festempfang der ukrainischen Botschaft in Washington, D. C. Das sorgte selbst in den USA für Irritationen. So erklärte Matt Duss, Mitarbeiter der US-Denkfabrik Carnegie Endownment for International Peace: »Die ukrainischen Diplomaten sollten sich besser überlegen, wie es aussieht, wenn sie Partys mit den Rüstungsfirmen feiern, die an diesem schrecklichen Krieg verdienen.«

Gewaltige finanzielle Potenz

Mit im Spiel ist hierbei auch der Vermögensverwalter BlackRock, der die astronomisch anmutende Summe von zehn Billionen Dollar verwaltet. Finks XXL-Unternehmen hält Anteile an den Rüstungsunternehmen – und hat Schlüsselpositionen in der Biden-Regierung inne. Dazu heißt es in dem Beitrag der NachDenkSeiten: »Bereits unmittelbar nach seinem Wahlsieg im November 2020 hatte US-Präsident Joe Biden zwei BlackRock-Führungskräfte in leitende Positionen seines Wirtschaftsteams berufen: Brian Deese, der frühere Leiter des Bereichs Nachhaltigkeit bei BlackRock, wurde Chef des Nationalen Wirtschaftsrats, und Adewale Adeyemo, früher Senior-Berater bei BlackRock, wurde Vize-Finanzminister. Damit nicht genug: wenig später wechselte Mike Pyle, der frühere Chef-Investmentstratege von BlackRock, ebenfalls in die Biden-Regierung als Chef-Wirtschaftsberater von Kamala Harris. Er gilt aktuell als Schlüsselfigur in bezug auf die Umsetzung der Rußland-Sanktionen. Alle vier hatten zuvor Führungspositionen in der Obama-Regierung inne, bevor sie zu BlackRock wechselten und nun wieder strategische Positionen in der Biden-Regierung innehaben.«

Gelangten direkt von BlackRock in die oberste Etage der US-Administration:

die-krake-blackrock-ueber-kiew
Der frühere Leiter des Bereichs Nachhaltigkeit bei BlackRock Brian Christopher Deese (* 17. Februar 1978 in Belmont, Massachusetts) steht seit Januar 2021 dem National Economic Council, dem wirtschaftspolitischen Beratergremium des US-Präsidenten, vor.

die-krake-blackrock-ueber-kiew
Der Jurist und frühere Senior-Berater bei BlackRock Adewale O. „Wally“ Adeyemo (* 20. Mai 1981 in Ibadan, Nigeria) war bis zum 25. März 2021 der erste Präsident der Obama Foundation und ist seither unter Präsident Joe Biden und Finanzministerin Janet Yellen stellvertretender Finanzminister der Vereinigten Staaten.

die-krake-blackrock-ueber-kiew
Mike Pyle, der frühere Chef-Investmentstratege von BlackRock, ist nun Chef-Wirtschaftsberater von Kamala Harris, seit dem 20. Januar 2021 Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten.+++

Jetzt also wird BlackRock, ausgestattet mit dem Charme einer Honigbiene, von der Selenskyi-Regierung der rote Teppich ausgerollt. Setzt man die damit verbundene kunterbunte Show in einen Zusammenhang mit Ernst Wolffs Erkenntnissen, könnte sich die auf den ersten Blick recht herzliche Umarmung der Ukraine schon bald als der kräftige Körper einer Würgeschlange erweisen.

ОК
Im Interesse der Benutzerfreundlichkeit verwendet unsere Internetseite cookies.