Die Spur führt nach Polen

Machinationen um die Schwedter Raffinerie

Vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse um die PCK-Raffinerie in Schwedt haben die meisten Beobachter der Vorgänge wohl den hauptsächlichsten Grund für die unfaire bis rechtswidrige Vorgehensweise der bundesdeutschen Legislative vergessen. Die Spur führt nach Polen und läßt sich bis in den Frühherbst 2022 zurückverfolgen. Sie endet – vorerst – mit der durch den Bundestag am 20. April 2023 beschlossenen Novelle des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG).

Polen beabsichtigt schon seit längerem, durch Übernahmekäufe einen festen Fuß auf den deutschen Mineralölmarkt zu bekommen. Daß die Russen hierbei mit ihren Rosneft-Anteilen an der Schwedter Raffinerie stören, ist Warschau ein Dorn im Auge. Und da man in Polen gerne auf größer macht, als man eigentlich ist – insbesondere wenn man sich im Wohlgefallen gewisser Weltmächte suhlen kann –, wird gleich mal der westliche Nachbar unter Druck gesetzt; man könnte auch sagen, er wird erpreßt, unter „Freunden“, unter „Bündnispartnern“. Nach dem einfachen Motto: „Schmeiß' die Russen raus, dann kriegst Du auch Öl für Deine Raffinerie über unseren Danziger Hafen!“

Begeben wir uns auf Spurensuche. Der Weg ist nicht weit. Er führt uns in den September letzten Jahres. Hier kommen wir den Ursachen für die aktuellen Vorgänge etwas näher. Mitte September 2022 hat die deutsche Regierung die Schwedter Raffinerie PCK, die mehrheitlich Rosneft gehört, unter Treuhänderschaft gestellt, um den Weg für polnische Öl-Lieferungen via Danziger Hafen frei zu machen. Doch die Polen weigerten sich weiterhin. Sie forderten eine regelrechte Enteignung von Rosneft.

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Der Hafen von Danzig ist der größte Hafen Polens und der viertgrößte an der Ostsee.

Die Treuhandverwaltung der Schwedter Raffinerie war für die Polen also noch nicht die ideale Lösung, um Deutschland in seiner Energiekrise mit Lieferungen behilflich zu sein. Warschau möchte eine Enteignung des russischen Eigentümers Rosneft herbeiführen. Polen sei zwar bereit, Schwedt bei der Versorgung mit Öl zu unterstützen, erklärte das Klima-Ministerium in Warschau auf eine Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters. Voraussetzung sei aber, daß Rosneft keine Anteile an der Raffinerie mehr halte. Denn trotz der von Deutschland eingesetzten Treuhand-Verwaltung sei Rosneft weiter Eigentümer. Die PCK-Raffinerie in Schwedt müsse in Staatshand überführt werden. (Rosneft hält circa 54 Prozent der Anteile, Shell ist mit ungefähr 37 Prozent der zweitgrößte Anteilseigner.)

Deutschland wollte ab Jahresende 2022 kein russisches Öl mehr zum Einsatz bringen, was jedoch Rosnefts grundsätzliches Geschäftsmodell in Schwedt ist, denn das flüssige Gold kommt direkt über die Druschba-Pipeline aus Rußland. Wie geht man vor, um die politisch gewünschte Abkehr von russischen Ölimporten zu bewerkstelligen? Als ersten Schritt hat man Rosneft-Deutschland unter Treuhand-Verwaltung gestellt und einfach die komplette Geschäftsleitung ausgetauscht.

Um die Raffinerie Schwedt ohne Rosneft-Öl ausreichend auszulasten, war man aber auf Lieferungen über den Hafen Danzig und das dortige Pipeline-System angewiesen. Mit Tanker-Transporten zum Hafen Rostock und via älterer Pipeline von dort nach Schwedt können nur um die 60 Prozent der vollen Kapazität sichergestellt werden. Betriebswirtschaftlich sinnvoll sind allerdings mindestens 75 Prozent.

Hinter dem politische Druck aus Polen steht nicht nur vermutlich, sondern eindeutig der polnische Öl-Konzern „Orlen“. Er will augenscheinlich Schwedt übernehmen. Als zweiter Schritt nach der Treuhandverwaltung wäre es jedoch nötig, daß Rosneft seine 54 Anteilsprozent abgibt. Da die russische Firma dies unter Garantie nicht per Gentleman-Handschlag oder per notariell beglaubigtem Kaufvertrag durchführen wird, beschritt Berlin einfach den Weg der Enteignung.

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Der Polnische Mineralölkonzern Orlen Aktiengesellschaft, kurz PKN Orlen S.A., ist ein börsennotierter polnischer Mischkonzern mit Sitz in Plotzk, der unter anderem Tankstellenketten in Polen, Deutschland, in der Tschechei und in Litauen betreibt. Seit 2020 ist „Orlen“ auch eines der größten Medienunternehmen im Zeitungs- und Onlinegeschäft Polens mit einer Reichweite von 17,4 Millionen Lesern. Die Konzernleitung steht der nationalkonservativen Partei PiS nahe. – Im Bild: Der Hauptsitz von PKN Orlen in Plotzk.

Rosneft hatte zwar schon gegen die Treuhand-Verwaltung protestiert und erwägte weitere juristische Schritte. Das läßt die Bundesregierung kalt. Sie weiß die Judikative als dritte Macht im Staate treu und ergeben auf ihrer Seite. Und so lief es dann auch drehbuchmäßig ab. Eine Treuhandverwaltung gilt laut EnSiG für sechs Monate. Sie kann aber jeweils um weitere sechs Monate verlängert werden. Eine erste Verlängerung war Mitte März 2023 beschlossen worden. Das Bundesverwaltungsgericht hatte die diesbezügliche Klage von Rosneft im März abgewiesen.

Aus Berliner Regierungskreisen wurde bestätigt, daß es Gespräche mit Kaufinteressenten – auch mit polnischen – gebe. „Orlen“ ist der größte polnische Ölkonzern mit dem polnischen Staat als Anteilseigner (49,9 %). In Deutschland betreibt Orlen rund 600 Tankstellen der Marke „Star“.

Der britische Mineralölkonzern Shell möchte sich als zweitgrößter Anteilseigner seit längerem aus der Raffinerie zurückziehen. Der britische Ölkonzern hatte bereits vor dem Ukraine-Krieg bekannt gegeben, seine Anteile zu verkaufen. Und bereits damals betrieb die deutsche Seite zu Ungunsten Rosnefts ein Falschspiel. Nachdem nämlich Rosneft Shells Rückzugsgedanken nutzen wollte, um seine Beteiligung über das Vorkaufsrechts weiter aufzustocken, gab das deutsche Kartellamt den Kauf zunächst frei. Wenig später, nach Beginn der militärischen Aktion gegen die Ukraine, leitete das Wirtschaftsministerium plötzlich ein Prüfverfahren ein und legte damit die Übernahme vorerst auf Eis.

Das Energie-Sicherungsgesetz erlaubt nun seit seiner Nivellierung am 20. 4. 2023 eine kalte Enteignung von Rosneft. Der Bundestag hat kräftig an der Eskalationsschraube gedreht. Deutschland darf in Folge mit ähnlichen Schritten gegen deutsche Betriebe in Rußland rechnen.

Und siehe da, während dieser Artikel entsteht, kommt folgende Meldung herein.

Als ersten Schritt einer möglichen Reaktionskette hat Präsident Wladimir Putin ein Dekret unterzeichnet, das – entsprechend dem deutschen Treuhandmodell – die vorübergehende Kontrolle über die russischen Tochtergesellschaften zweier ausländischer Energieversorgungsunternehmen übernimmt und signalisiert, daß Moskau ähnliche Maßnahmen gegen andere internationale Unternehmen ergreifen könnte, wenn russische Vermögenswerte auch weiterhin im Ausland beschlagnahmt werden.

Das Dekret – welches mögliche Vergeltungsmaßnahmen im Falle einer Beschädigung russischer Vermögenswerte im Ausland umreißt – zeigt, daß Moskau Maßnahmen gegen die deutsche Uniper-Sparte in Rußland und die Vermögenswerte der finnischen Fortum Oyj ergriffen hat.

Fortum Oyi ist ein börsennotierter Energieversorger mit Sitz in Espoo, dessen größter Aktionär mit 50,8 Prozent der finnische Staat ist. Das Unternehmen ist in den nordischen und baltischen Ländern sowie in Rußland und Polen aktiv und an der Börse Helsinki notiert.

Die Uniper SE ist eine ebenfalls börsennotierte Gesellschaft, die 2016 durch Abspaltung der konventionellen Stromerzeugung aus Kohle, Gas, Wasserkraft (ohne Kernenergie) und des globalen Energiehandels von E.ON entstanden ist. Seit Dezember 2022 gehört Uniper zu 99,12 Prozent der Bundesrepublik Deutschland. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 11.000 Mitarbeiter in über 40 Ländern. Der Unternehmenssitz ist Düsseldorf.

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Ein Uniper-Mitarbeiter dreht am Rad – sinnbildlich für die Geschäftsleitung...

Dem Dekret ist zudem zu entnehmen, daß Rußland dringend Maßnahmen ergreifen muß, um auf nicht näher bezeichnete Maßnahmen der Vereinigten Staaten und anderer zu reagieren, die als „unfreundlich und gegen das Völkerrecht verstoßend“ bezeichnet werden.

Der Chef der russischen Staatsbank VTB PAO sagte am Montag, 24. 4. 2023, Moskau solle erwägen, die Vermögenswerte ausländischer Unternehmen in Rußland wie Fortum Oyj zu übernehmen und sie erst zurückzugeben, wenn die Sanktionen wegen des Krieges in der Ukraine aufgehoben würden.

Die Anteile an Uniper und Fortum Oyj seien der vorübergehenden Kontrolle von Rosimuschtschestwo, der Immobilienagentur der russischen Bundesregierung, unterstellt worden, heißt es in dem Dekret. Rosimuschtschestwo erklärte, daß mehr ausländische Firmen ihre Vermögenswerte vorübergehend unter russischer Kontrolle finden könnten, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur TASS.

„Das Dekret betrifft keine Eigentumsfragen und beraubt die Eigentümer nicht ihres Vermögens. Die externe Verwaltung ist vorübergehender Natur und bedeutet, daß der ursprüngliche Eigentümer nicht mehr das Recht hat, Managemententscheidungen zu treffen“, so TASS.

Die vorübergehende Untertreuhandstellung der beiden Firmen überrascht vor dem Hintergrund der deutsch-polnischen Vorgehensweise gegen Rosneft nicht wirklich.

Fortum Oyi hatte die Aktionäre bereits vor der Gefahr einer Enteignung seiner russischen Vermögenswerte gewarnt. Und Uniper ist mit 83,73 Prozent an der russischen Tochter Unipro beteiligt, die jahrelang Erdgaslieferungen nach Deutschland geliefert hat. Schon vor dem Einmarsch Rußlands in die Ukraine hatte Uniper versucht, seine Beteiligung an Unipro zu verkaufen. Ein Käufer wurde gefunden, aber die russischen Behörden genehmigten den Verkauf nie.

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