Eine Versündigung an den nachfolgenden Generationen

Deutschlands wahre Schuldenlast liegt unter der Oberfläche

Eine aktuelle Studie der Stiftung Marktwirtschaft zeigt eine alarmierende Verschlechterung der deutschen Staatsfinanzen und verdeutlicht den wachsenden Handlungsdruck. Die Ergebnisse machen deutlich: Deutschland steuert auf einen kritischen Wendepunkt zu.

Betrachtet man lediglich die explizite Staatsverschuldung – derzeit rund 2,5 Billionen Euro bzw. 62,5 Prozent des BIP und damit nur knapp oberhalb der Maastricht-Grenze –, könnte der Eindruck entstehen, Deutschland stünde im europäischen Vergleich noch relativ solide da. Doch diese Sicht greift zu kurz. Denn die explizite Verschuldung ist lediglich die Spitze des Eisbergs. Der weit größere Teil der finanziellen Lasten liegt verborgen unter der Oberfläche: die implizite Staatsverschuldung. Diese ist weitgehend unsichtbar und wird in der politischen Diskussion völlig verdrängt. 

Die implizite Staatsverschuldung umfasst alle zukünftigen, bereits politisch zugesagten Verpflichtungen, die noch nicht in den öffentlichen Haushalten erscheinen – darunter Rentenansprüche der heutigen Erwerbstätigen, Pensionszusagen für Beamte sowie langfristige Verpflichtungen der Sozialversicherungen.

1. Die aktuelle Lage der Staatsfinanzen

Die gesamtstaatliche implizite Verschuldung ist 2025 erneut stark gestiegen und beträgt inzwischen 391,6 Prozent des BIP. Zusammen mit der expliziten Verschuldung ergibt sich eine Gesamtverschuldung – und damit eine Nachhaltigkeitslücke – von 454,1 Prozent des BIP – das entspricht rund 19,5 Billionen Euro.

Noch nicht berücksichtigt sind die geplanten Kredite des Sondervermögens für Infrastruktur und Klimaneutralität in Höhe von 500 Milliarden Euro. Sie würden die Nachhaltigkeitslücke um weitere 9,9 Prozent des BIP ausweiten. Nur 13,8 Prozent der gesamten staatlichen Verpflichtungen sind explizit ausgewiesen – die Transparenz der Staatsfinanzen befindet sich damit auf einem historischen Tiefstand.

Um diese Lücke zu schließen, wären drastische Maßnahmen nötig:

  • Ausgabensenkungen von 14,2 Prozent des BIP oder
  • Einnahmeerhöhungen von 16,8 Prozent des BIP.

In absoluten Zahlen entspricht das 612 Milliarden Euro, die im Bundeshaushalt eingespart werden müssten – bei geplanten Ausgaben von 503 Milliarden Euro im Jahr 2025. Alternativ wären 724 Milliarden Euro an zusätzlichen Einnahmen erforderlich. Mit anderen Worten: Deutschland müsste einmal mehr als den gesamten Bundeshaushalt einsparen oder die Einnahmen um rund 70 Prozent erhöhen. Doch substanzielle Konsolidierungsschritte bleiben weiterhin aus.

2. Implizite Verschuldung der Sozialversicherungen

Besonders deutlich zeigt sich die Schieflage in den Sozialversicherungen. Während die Einnahmen nur moderat wachsen, steigen die Ausgaben massiv – vor allem in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV), Krankenversicherung (GKV) und Pflegeversicherung (SPV).

Politische Maßnahmen wie die Mütterrente III verschärfen die Lage zusätzlich. Aus finanzwissenschaftlicher Sicht handelt es sich um eine rückwirkende Begünstigung, die jüngere Generationen einseitig belastet. Allein diese Reform erhöht die implizite Staatsverschuldung um 17,7 Prozent des BIP.

Hinzu kommt: Die Bundesmittel zur Stabilisierung des Rentenniveaus könnten langfristig bis zu 31,3 Prozent der gesamten Steuereinnahmen binden – eine gewaltige Umverteilung von Jung zu Alt.

3. Steuerliche Rückkopplungseffekte

Steigende Beitragssätze in Sozialversicherungen schlagen nicht nur direkt auf die Nettoeinkommen der Erwerbstätigen durch – sie senken gleichzeitig die Einnahmen aus der Einkommensteuer. Bis 2060 summieren sich diese Mindereinnahmen inflationsbereinigt auf rund 1.556 Milliarden Euro (36,2 Prozent des BIP 2024). Die fiskalische Schieflage wird damit weiter verschärft.

Fazit

Deutschland steuert in der Staatsverschuldung zunehmend auf französische Verhältnisse zu. Das Update 2025 der Stiftung Marktwirtschaft zeigt klar: Mit inzwischen rund 20 Billionen Euro an Gesamtverpflichtungen nähert sich Deutschland einem kritischen Punkt. Statt nachhaltiger Reformen werden konsumtive Mehrausgaben beschlossen. Die Verschuldung steigt, die Transparenz sinkt – und die Lasten werden einseitig auf nachfolgende Generationen abgewälzt.

Notwendig wären strukturelle Reformen:

  • die Kopplung des Rentenalters an die Lebenserwartung,
  • die Förderung qualifizierter Zuwanderung,
  • sowie eine stärkere kapitalgedeckte Vorsorge.

Für private Sparer bedeutet diese Entwicklung: Klassische Anlageformen wie Sparbücher, Lebens- oder Rentenversicherungen sind letztlich eine Wette auf die zukünftige Zahlungsfähigkeit des Staates. Angesichts ausufernder Schulden sollte sich jeder fragen, ob es nicht sinnvoller ist, stärker in Sachwerte zu investieren – und ob er Gläubiger in einer überschuldeten Welt sein möchte.

Quelle

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