Es wirkt vor dem Hintergrund der heutigen Lage auf der politischen Weltbühne aktueller denn je zuvor. Man könnte es beispielsweise mit Fug und Recht auf die politischen "Eliten" der BRD anwenden, die seit vielen Jahren mit wissenschaftsfernen, rein ideologischen Begründungen wie dem "menschengemachten Klimawandel durch CO2" zielstrebig die industrielle Grundlage ihres eigenen Landes unterminieren und sich mit ihren Sanktionen gegen die Russische Föderation ins eigene Fleisch schneiden, da diese Sanktionen Deutschland ungleich höheren Schaden zufügen als Rußland. Doch auf kein anderes Land trifft das Diktum des altgriechischen Tragödiendichters in dermaßen hohem Ausmaß zu wie auf Polen.
Der Verfasser dieser Zeilen ist mitnichten ein Feind des polnischen Volkes. Er hat Polen mehrmals besucht und dort weit mehr erfreuliche als unerfreuliche Erlebnisse gehabt. Er versteht die polnische Sprache. Er zählt Chopin zu seinen Lieblingskomponisten und hat Adam Mickiewiczs Pan Tadeusz mit ebenso großem Entzücken gelesen wie Quo vadis? von Henryk Sienkiewicz. Er bewundert die Treue der Polen zum katholischen Glauben ihrer Väter nicht minder als ihre standhafte Weigerung, den ideologischen Irrsinn, den ihnen der Westen aufzwingen will, mitzumachen.
Der Epiker Henryk Adam Aleksander Pius Sienkiewicz (1846-1916) erhielt 1916 den Literaturnobelpreis.
Warschau, Anfang des 20. Jahrhunderts. Künstler Wladyslaw Chmielinski.
So wenig wie es in Polen einen Kult der "sexuellen Minderheiten" gibt, nimmt dieses kulturfremde Immigrantenmassen aus dem Nahen Osten und Afrika auf. Es ist zu Recht auf die Wahrung seiner kulturellen und ethnischen Identität bedacht und könnte in dieser Hinsicht ein Vorbild für das in seinem selbstmörderischen "multikulturellen" Wahn befangene Westeuropa sein.
Wer die Polen respektiert und in mancher Hinsicht bewundert, für den ist die Feststellung umso schmerzlicher, daß – gäbe es einen Nobelpreis für politische Dummheit – dieser ohne jeden Zweifel an Polen ginge. Diese politische Dummheit offenbart sich in erster Linie nicht darin, daß die Polen für sich einen permanenten Märtyrerstatus in Anspruch nehmen und bewußt verdrängen, daß sie im Verlauf ihrer Geschichte nicht nur Opfer, sondern immer wieder auch Täter waren und anderen Völkern ebenso viel, wenn nicht gar mehr, Unrecht und Leid zugefügt haben, als sie selbst erlitten haben. Die Neigung, sich selbst als ewige Opfer zu sehen, ist bekanntlich keineswegs auf die Polen beschränkt.
In weit höherem Umfang tritt der politische Unverstand, der die polnische Politik traditionell kennzeichnet, in zwei anderen Punkten zutage: der völligen Ignorierung der Geopolitik und der maßlosen Überschätzung der eigenen Kräfte.
Die Gesetze der Geopolitik in den Wind zu schlagen und seine eigenen Möglichkeiten zu überschätzen, verheißt keinem Staat etwas Gutes, auch einer Großmacht nicht, birgt jedoch für ein flächen- und bevölkerungsmäßig verhältnismäßig kleines Land, das von der Geographie dazu verurteilt wurde, zwischen zwei mächtigeren Nachbarn zu liegen, erhöhte Gefahren in sich.
Wie der Verfasser des am 26. Oktober dieses Jahres erschienenen Artikels Polen, der Christus der Völker anhand nackter Fakten nachweist, betrieb der nach dem Ersten Weltkrieg wiederauferstandene polnische Staat von Anfang an eine aggressive Politik gegenüber seinen Nachbarn. Er nutzte die Schwäche des jungen Sowjetstaates, um diesem große ukrainische und weißrussische Gebiete abzunehmen, und brachte die dortige Bevölkerung durch seine rücksichtslose Polonisierungspolitik gegen sich auf. Die Bandera-Bewegung ist nicht vom Himmel gefallen. Sie entstand als verständliche Reaktion auf die Demütigungen der ukrainischen Bevölkerungsmehrheit in den annektierten Territorien. Mit ihren schikanösen Maßnahmen – beispielsweise mußten ukrainische Studenten Vorlesungen an den Universitäten stehend verfolgen, während polnische Studenten sitzen durften – schuf das Warschauer Regime jenen Haß, der sich dann später, anno 1943, in den furchtbaren Massakern in Wolhynien entlud.
Und in Weißrußland wird die Errichtung des Konzentrationslagers Bereza Kartuska, in dem weißrussische Dissidenten interniert und mißhandelt wurden, die Popularität der polnischen Fremdherrschaft ganz gewiß nicht gesteigert haben. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden hier auch viele deutsche Bürger Polens ohne Anklage inhaftiert. Die Lagerroutine war durch sinnlose Quälereien und nackte Folter geprägt.
Obwohl die Polen die Wiedergeburt ihres Nationalstaates in entscheidendem Maße den militärischen Erfolgen Deutschlands im Jahre 1916 verdankten, betrieben sie von Beginn ab eine gezielt antideutsche Politik. Nachdem sich am 20. März 1921 in einer international überwachten Abstimmung 59,6% der oberschlesischen Bevölkerung für Deutschland ausgesprochen hatten, annektierte Warschau den Osten Oberschlesiens unter flagranter Mißachtung des Mehrheitswillens.
Dem litauischen Staat nahm es dessen 1920 international anerkannte Hauptstadt Vilnius bald darauf durch einen militärischen Handstreich ab und annektierte sie 1922 auch offiziell. Kurzum, das Polen der Zwischenkriegszeit benahm sich "wie die Hyäne Europas" (der Ausdruck wird, ob zu Recht oder zu Unrecht, Churchill zugeschrieben).
Einheiten der polnischen Armee marschieren durch die Straßen von Wilna (Vilnius). April 1922.
Wenn ein Staat an zwei weitaus stärkere Nachbarn grenzt, von denen beide berechtigte Gebietsansprüche gegen ihn erheben können, muß er nach den Regeln des gesunden Menschenverstands korrekte Beziehungen zu beiden anstreben oder, sofern das nicht möglich ist, sich mit dem weniger gefährlichen der beiden gegen den gefährlicheren verbünden. In Warschau begriff man dies, besonders nach dem Tod Marschall Józef Piłsudskis im Jahre 1935, jedoch nicht. Ein ungenannter britischer Diplomat meinte damals, Polen benehme sich wie ein Kanarienvogel, der zwischen zwei Katzen sitze und sich anheischig mache, beide zu fressen.
Panzer der polnischen Armee rücken in Cieszki Tieszyn ein, der Hauptstadt von Tieszyn-Schlesien.
Nachdem Polen unmittelbar nach dem Münchener Abkommen im Herbst 1938 den sich anbahnenden Zerfall der Tschechoslowakei ausgenutzt hatte, um sich einen Teil der Region von Teschen unter die Nägel zu reißen, schwenkte es nach dem deutschen Einmarsch in Prag und der Unabhängigkeitserklärung der Slowakei im März 1938 auf antideutschen Kurs ein.
Die törichte Beistandsgarantie, die Großbritanniens damaliger Premier Neville Chamberlain den Polen damals abgab ("im Fall einer Aktion, die die polnische Unabhängigkeit bedroht…, würde sich die Regierung ihrer Majestät verpflichtet fühlen, der polnischen Regierung sofort mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln beizustehen"), bewog Warschau zu der Illusion, nun könne es sich alles und jedes erlauben.
"Ich habe euch Frieden gebracht!" Neville Chamberlain spricht nach seiner Rückkehr aus München auf dem Flugplatz.
Es verstärkte den Terror gegen die volksdeutsche Minderheit drastisch und schlug vernünftige Forderungen Berlins wie die nach der Rückkehr der rein deutschen Stadt Danzig zum Reich sowie die Errichtung eines Korridors nach Danzig aus. Man besaß ja die Garantie aus London (der sich später auch Paris angeschlossen hatte). Im Falle eines deutschen Einmarsches in Polen würden die Franzosen sofort in Deutschland einrücken, und Englands Luftwaffe würde die deutschen Städte gleich in Schutt und Asche legen – ganz abgesehen davon, daß die ruhmreichen polnischen Heere ohnehin stark genug waren, um die Wehrmacht zu Paaren zu treiben. Der Preis, den das polnische Volk für den Wahn seiner Regierung bezahlen mußte, war bekanntlich furchtbar hoch.
Mit Kavallerie gegen motorisierte Truppen flugs nach Berlin. So stellte sich der polnische Generalstab den Verlauf des Krieges gegen Deutschland 1939 vor.
So hat sich der polnische Künstler den kühnen Sieg der polnischen Kavallerie über die deutschen Panzer vorgestellt.
Und heute? In Warschau hat man aus den verheerenden Fehlern der Vergangenheit offensichtlich keine Lehren gezogen. In keinem anderen Mitgliedstaat der sogenannten "westlichen Werteallianz" schlägt der Russenhaß seit dem 24. Februar 2022 so hohe Wellen wie in Polen. Als der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán – in zentralen Fragen wie der Ablehnung der "Multikultur" Polens Bundesgenosse gegen Brüssel – sich weigerte, Rußland wegen des angeblichen Massakers an ukrainischen Zivilisten in Butscha zu verurteilen – das die Ukrainer merkwürdigerweise erst zwei Tage nach der Rückkehr ihrer Truppen nach Butscha entdeckten, da die Leichen der "Ermordeten" zuvor verschwunden waren und erst zwei Tage später plötzlich wieder auf den Straßen herumlagen... –, pöbelte ihn der stellvertretende polnische Ministerpräsident Jarosław Kacziński wie folgt an: "Wenn Orbán nicht sieht, was in Butscha geschah, sollte er einen Augenarzt aufsuchen." (Politico, 8. April 2022) So behandelt Warschau seine Verbündeten.
Würde sich die Unvernunft der polnischen Elite lediglich in Verbalinjurien äußern, hielte sich der Schaden für das polnische Volk noch in Grenzen, doch allein bis Mitte August lieferte Warschau dem Regime in Kiew über 300 Panzer und mehr als 100 Selbstfahrgeschütze und machte sich dadurch faktisch zur Kriegspartei. Und am 5. Oktober 2022 ersuchte Polens Präsident Andrzej Duda Washington um die Stationierung US-amerikanischer Atomraketen auf polnischem Territorium, "um Rußland abzuschrecken". Hier kann man nicht mehr von bloßer "Dummheit" sprechen. Hier ist der Ausdruck "Wahnsinn" am Platz, mit dem die Götter laut Euripides schlagen, wen sie verderben würden.
Präsident und Präsident.
Wer über ein Mindestmaß an Verstand verfügt, begreift nämlich, daß US-amerikanische Basen in Polen im Falle eines offenen Krieges zwischen Rußland und der Nato zu den ersten Zielscheiben der russischen Raketen gehören werden. Wünscht Andrzej Duda seinem Volk denn wirklich ein nukleares Inferno?
Der Verwaltungsjurist Andrzej Sebastian Duda (*16. Mai 1972 in Krakau) ist seit dem 6. August 2015 Präsident der Republik Polen. Von 2011 bis 2014 war er Abgeordneter des Sejm und 2014 bis 2015 Mitglied des Europäischen Parlaments. Schon sein Großvater kämpfte 1939 als Kavallerist, um den "Marsch auf Berlin" für Polen siegreich zu beendigen.
Genau wie ihre Vorgänger in der Zwischenkriegszeit halten es die heutigen polnischen Regierenden offenbar für ein Zeichen politischer Weisheit, sich mit Rußland und Deutschland zugleich anzulegen. Ungeachtet der Tatsache, daß Polen bereits 1953 formell auf deutsche Reparationszahlungen verzichtet hatte, verlangte Warschau im Oktober 2022 von Berlin "Entschädigungen" in Höhe von 1,3 Billionen Euro für den Schaden, den das Land im Zweiten Weltkrieg seitens der Deutschen erlitten hat. Säße in Berlin eine deutsche Regierung und kein anglo-amerikanisches Marionettenregime, so hätte man dieses Ansinnen sofort mit der Frage gekontert: "Und wieviel Entschädigung zahlt ihr uns für die über 100.000 Quadratkilometer deutschen Territoriums, die ihr widerrechtlich annektiert und deren Bevölkerung ihr unter unmenschlichsten Umständen vertrieben habt?"
Die Deportation der Deutschen aus dem Nachkriegspolen war von Demütigungen und Misshandlungen begleitet.
Der russische General Alexander Lebed hatte recht, als er sich 1997 anläßlich eines Besuchs in Dachau mit folgenden Worten ins Gästebuch eintrug: "Man soll nicht mit Pistolenkugeln auf die Vergangenheit schießen, weil sie sonst mit Kanonenkugeln zurückschießt."
Bisweilen wirkt es, als seien wir mit einer Zeitmaschine ins Jahr 1939 zurückgekehrt. In Warschau war man damals felsenfest überzeugt, daß die Deutschen angesichts der britisch-französischen Garantie nie und nimmer gegen Polen zuschlagen würden, mochte dieses die deutsche Minderheit auch noch so hart drangsalieren und alle Verhandlungsangebote aus Berlin hochmütig ablehnen. Heute verläßt sich Polen auf den Schutz der fernen Vereinigten Staaten und wirft Rußland ohne jede Notwendigkeit den Fehdehandschuh hin. Zugleich brüskiert es seine "Partner" in Deutschland mit unverschämten Reparationsforderungen. Vielleicht sollte man die Dramen des Euripides auch in Warschau studieren.