Polizei schießt auf Bundeswehr – und die Medien ducken sich weg


Ein Land verliert die Kontrolle – aber wer darüber spricht, ist Verdachtsfall


Es ist eine traurige, ja gruselige Symbolik für den Zustand unseres Landes, was da in Erding passiert ist. Als mir russische Freunde die Nachricht schickten, war mein erster Instinkt: Das muss eine gezielte Desinformation sein. Doch eine Minute und ein paar Mausklicks später brachte mir das Internet Gewissheit: Es ist leider wahr. Auch wenn es sich liest wie eine Szene aus einer Komödie der britischen Komiker-Truppe Monty Python. Oder aus dem Film „Idiocracy“, in dem es um die völlige Verblödung einer Gesellschaft geht.

Was genau ist passiert? In der Kleinstadt bei München, vor allem bekannt durch ihre Brauerei und ihre Nähe zum Flughafen, gab es eine Großübung der Bundeswehr. Weil sie so etwas nicht mehr gewohnt sind, riefen Menschen, die Soldaten sahen, die Polizei an – und meldeten, dass sie Soldaten mit Waffen gesehen haben. Vielleicht dachten sie, aufgewiegelt durch den Dauer-Alarm in unseren Medien, an einen russischen Überfall? Wir wissen es nicht.

Was wir wissen, ist, dass die Polizei kam – und ganz offensichtlich nichts wusste von der Übung. Die Einsatzleitstelle schickte zahlreiche Beamte an den Einsatzort. Sodann kam es zu etwas, was die Bundeswehr als auch die Polizei übereinstimmend als „Fehlinterpretation vor Ort“ bezeichneten. Es kam zu Schusswechseln zwischen Beamten und Armeeangehörigen. Ein Soldat der Bundeswehr wurde dabei verletzt.

Die deutschen Quellen sind merkwürdig wortkarg bei den Erklärungen. In der russischen Quelle heißt es, die Bundeswehrsoldaten hätten geglaubt, es sei Teil der Übung, dass die Polizei anrückte. Und sie hätten deswegen mit ihren Platzpatronen auf die Beamten geschossen. Was diese – in Unkenntnis der Übung – als aktiven Angriff werteten – und deshalb mit scharfer Munition zurückschossen. Gott sei Dank waren sie offenbar im Schießtraining nicht sehr erfolgreich und trafen nur einmal. Schlimm genug für den Soldaten, der den Treffer abbekam.

Dem Mann kann man nur von ganzem Herzen gute Besserung wünschen: Er wurde zum Opfer einer Politik, die dieses Land, das einst weltweit für seine Ordnung und Effektivität bewundert wurde, in die Dysfunktionalität führte. Ein Land, das einst weltweit beneidet wurde – und heute weltweit belacht. Nichts geht mehr. Erding war nicht einfach Pech – sondern es ist Symptom. Und ein Menetekel. Doch wer darüber offen schreibt, gilt als „Delegitimierer der Demokratie“.

Wohl deshalb berichten die großen Medien nur mit sehr angezogener Handbremse über diesen Vorfall – der in einer funktionierenden, nicht gleichgetakteten Medienlandschaft die Schlagzeilen beherrschen würde. Nicht so bei uns.

Dabei ist es eine der geschicktesten Formen der Manipulation, wenn eine wichtige Nachricht ganz gezielt auf Sparflamme verbreitet wird: Man kann behaupten, dass man berichtet hat – aber eben so, dass es kaum jemand mitbekommt.

Ein Standardtrick der heutigen Propaganda, den viele nicht durchschauen.

Zum Hintergrund: Der Vorfall ereignete sich im Rahmen der Großübung „Marshal Power“ Dabei wurde der Kampf hinter einer fiktiven Frontlinie im Verteidigungsfall geübt – zusammen mit Polizei, Feuerwehr und Rettungskräften, wie die „Frankfurter Rundschau“ schreibt: „Das Besondere: Die etwa 500 Soldaten der Feldjäger und die rund 300 zivilen Einsatzkräfte üben nicht auf abgezäunten Truppenübungsplätzen, sondern in der Öffentlichkeit.“

Dem Bericht zufolge sollten die Einsatzkräfte das Vorgehen gegen Bedrohungen hinter einer fiktiven Frontlinie, im sogenannten „rückwärtigen Raum“, trainieren – zum Beispiel gegen Drohnen, Sabotage oder sogenannte „irreguläre Kräfte“: „Damit sind bewaffnete Kämpfer gemeint, die nicht einer staatlichen Armee zuzurechnen sind. Angenommen wird dafür ein Szenario, in dem ein Nato-Mitgliedsstaat angegriffen wird und das Bündnis verteidigt werden muss.

Dabei sollen auch die Arbeit an Tatorten, die Lenkung des Verkehrs, das Aufspüren von Waffenlagern, die Bekämpfung von illegalem Waffenhandel und der Schutz von kritischer Infrastruktur trainiert werden, zum Beispiel am stillgelegten Atomkraftwerk Isar 2. Auch die Abwehr von gegnerischen und den Einsatz von eigenen Drohnen sollen die Soldaten üben.“

Was bleibt, ist eine bittere Erkenntnis: Wenn selbst Polizei und Armee in Deutschland sich gegenseitig nicht mehr erkennen, geschweige denn miteinander kommunizieren können, ist das kein Einzelfall mehr – es ist ein Systemzustand. Ein Land, das von Talkshows, Gremien und Gesinnung lebt, aber nicht mehr von Kompetenz, Klarheit und Koordination.

Die einen üben Verteidigung im rückwärtigen Raum – die anderen schießen im vorderen auf die eigenen Leute. Willkommen in der Bundesrepublik Dysfunktionalia.

Zu Zeiten der alten Bundesrepublik und DDR fürchteten wir wechselseitig, der Feind könnte unsere Verteidigungslinien durchbrechen. Heute reicht offenbar ein Funkloch – und die Front verläuft mitten durchs eigene Land.

Ganz ehrlich: Müssen wir nicht inzwischen mehr Angst vor unseren eigenen, dysfunktionalen Behörden haben als vor äußeren Feinden? Und wird uns genau deshalb Tag für Tag die Angst vor diesen eingetrichtert – von Politik und Medien, fast schon wie in einer Endlosschleife der Gehirnwäsche?

Wie soll sich irgendjemand sicher fühlen in einem Land, in dem selbst Polizei und Armee einander nicht mehr verstehen und aufeinander schießen?

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