Der Bund von semitischen Staaten

Israel und Araber bereiten sich auf Amerikas Weggehen vor

Im März hat die diplomatische Aktivität im Nahen Osten hart zugenommen. Ende des Monats fand in Scharm El-Scheich das erste in der Geschichte Gipfeltreffen statt, an dem Ägyptens Präsident Abdel Fatah El-Sisi, Israels Ministerpräsident Naftali Bennett und der Kronprinz und faktische Herrscher der Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) Muhammad bin Zayid teilnahmen. Nach ein paar Tagen fand auch auf der Negev das Gipfeltreffen der Außenminister von Israel, Ägypten, den VAE, Bahrein und Marokko statt, an dem auch der US-Staatssekretär Antony Blinken teilnahm. Und nach noch einigen Tagen erstattete der israelische Präsident Jitzchak Herzog in Jordaniens Hauptstadt Amman einen offiziellen Besuch. Hochrangige Militärdelegationen des jüdischen Staates besuchten Marokko und Jordanien. Die Liste kann fortgesetzt werden. Diese Treffen sind mit dem beschleunigten Bilden eines breiten arabisch-israelischen Bündnis im Nahem Osten verbunden. Die Annäherung von arabischen Ländern und Israel ist damit zu verbinden, dass Völker und Staaten bei sich verhärtenden militärpolitischen und wirtschaftlichen Herausforderungen überleben müssen, sowie mit der Absicht der USA, sich von der Verantwortung für die Region zu entlasten.

Die ziemlich engen Beziehungen zwischen Israel und einer Reihe arabischer Länder in dieser Region sind keine Überraschung. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts pflegten politische Anführer der Judengemeinde in britischem Mandatspalästina Beziehungen zu den Königshäusern von Transjordanien und dem Hedschas. Nachdem der Staat Israel entstanden war, baute er besondere Beziehungen zu Jordanien und traditionellen Leitern von christlichen Gemeinden im Libanon auf. Die Friedensverträge mit Ägypten (1979) und Jordanien (1994) führten zum Entstehen offizieller Beziehungen zu diesen Ländern, wechselhaft entwickelten sich die Beziehungen zu mehreren Ländern in Nordafrika, Ende der 90-er – Anfang der 2000-er Jahre fing eine rege Zusammenarbeit mit den Monarchien des Persischen Golfs im Aufklärungsbereich an. Gleichzeitig waren das bestenfalls die Beziehungen im „kalten Frieden“ (Ägypten, Jordanien, Marokko, Mauretanien). Die Zusammenarbeit mit den Golfländern war geheim und vornehmlich mit Aufklärung, hohen Technologien in der Verteidigung, Landwirtschaft und s.w. verbunden. Die militärische, politische und wirtschaftliche Verstärkung des Irans und seine Expansion im Nahen Osten (der Irak, der Syrien, der Libanon, der Jemen), die in den arabischen Golfmonarchien und in Israel wie eine existenzielle Bedrohung gesehen wurden, führten dazu, dass durch aktive Vermittlung der Administration vom US-Präsidenten Donald Trump das Abraham-Abkommen geschlossen wurde – der Friedensvertrag zwischen Israel, Bahrain und den VAE. Danach entkrampften offiziell die Beziehungen zum jüdischen Staat auch Marokko und der Sudan. Die Vereinbarungen begrüßte auch Saudi-Arabien, obwohl es sich denen nicht anschloss. Der Sturz der Administration vom „proisraelischen“ Trump sowie von der den Frieden mit Arabern durchsetzenden Benjamin Netanjahus Regierung führte zur Einfrierung der Beziehungen nicht. Im Gegenzug: Nachdem in Washington Joe Bidens Administration genehmigt wurde, die sich auf den Wiedereinstieg ins Atomabkommen mit dem Iran richtete, und der gegenüber man sich sowohl in Kairo, als auch in Abu-Dhabi sowie in Er-Riad äußerst misstrauisch verhält, wurden die Beziehungen nur intensiver. Dass die USA, die EU und der Iran die Bedingungen des Atomabkommens abstimmten, dass die Sanktionen gegen den Iran aufgehoben wurden sowie die Situation in der Ukraine fügten der israelisch-arabischen Annäherung extra Dynamik hinzu. Der Abbruch und die chaotischer werdenden handelswirtschaftlichen weltweiten Beziehungen, die faktische Teilung aller Staaten auf die Blöcke und ihr Abschließen von der Außenwelt (die Europäische Union, der sich um Russland bildende Sowjetraum, das Bilden des angelsächsischen Blocks von den USA, Großbritannien und Australien (AUKUS)), das Provozieren des weltweiten Energie- und Nahrungsmittelzusammenbruchs und die Weigerung der USA, diejenigen zu verteidigen, die sie ihre Verbündeten genannt haben (Afghanistan, die Ukraine), beschleunigen das Entstehen des Nahostenblocks. Die arabischen Staaten haben Interesse daran, dass die technologische und industrielle Entwicklung mithilfe „lokaler“ israelischer Fachleute beschleunigt wird, sowie an „regionalen“ Investitionen. Dass Europa faktisch die Hälfte von russischen Gold-und Devisenreserven beschlaggenommen hatte, ließ sie an Sicherung eigener Aktiva denken. Die in militärischer Hinsicht schwachen arabischen Länder des Golfes haben außerdem Interesse am israelischen und ägyptischen „Militärschirm". Dislozierung moderner Luftabwehrsysteme Israels bei allmählichem Auszug der US-Systeme ist eine strategische Aufgabe. Man bespricht auch den Bau neuer Eisenbahnen und Pipelines, die zu israelischen Häfen im Mittelmeer führen würden und weiter in die EU. Außer Investitionsstrom, Infrastrukturentwicklung, Entstehen eines Regionalmarkts bei internationalen Logistik- und Politikrisiken hat Israel auch Interesse an der Minimierung seines Hauptrisikos – der fehlenden strategischen Tiefe. „Die Förderung einer strategischen Tiefe lässt die Luftstreitkräfte Bedrohungen auch weit von den Grenzen (Israels. – Anm. d. Red.) bekämpfen und „vorläufige“ Aufklärungsinformationen von Partner-Ländern erhalten. Heute steht schon vor der Tür so ein Israel, das ein regionales Verteidigungsbündnis mit den Nahostländern unterzeichnet, in so einer Form wie die NATO,“ zitieren Israels Massenmedien hochrangige Militärbeamte.

Veränderungen in den Beziehungen merkt man auch in einigen symbolischen Kleinigkeiten. So, im Februar auf dem offiziellen Auftakt des regionalen Energieforums der afrikanischen und Nahostenländer kam Ägyptens Präsident El-Sisi demonstrativ vor Augen einiger Hunderte der Teilnehmer in den ersten Minuten des Forums an den Vertreter Israels heran, um den zu begrüßen. Nach dem Gipfeltreffen im März begleitete er persönlich den israelischen Premierminister Bennett zum Flughafen, obwohl das Protokoll das nicht vorsieht. Und das Treffen von Außenministern des jüdischen Staates, Ägyptens, der VAE, Bahrains und Marokkos fand auf der Negev im Kibbuz Sde Boker statt, das als der Wohnort des ersten Ministerpräsidenten Israels David Ben Gurion nach seinem Rückzug aus der Politik bekannt ist.

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