Ein fünftägiger Bürgerkrieg: Wiener Ouvertüre zum Zweiten Weltkrieg

Am 12. Februar 1934 begann in Wien und Linz und später in mehreren anderen österreichischen Städten ein Putsch gegen die Regierung.

Es war der letzte Versuch der österreichischen Antifaschisten, die endgültige Durchsetzung des rechtsextremen Regimes zu verhindern. Die österreichische Linke hatte wenig Chancen – Österreich befand sich vor dem Krieg in einer schwierigen Situation der Suche nach einer nationalen Identität, und rechte Bewegungen waren dort besonders stark. Dennoch ging die österreichische Linke ein Risiko ein.

Der Preis für diesen Versuch: Zwischen dem 12. und 16. Februar starben allein in Wien mindestens 200 Kämpfer linker Organisationen. Die Gesamtzahl der toten Österreicher auf beiden Seiten belief sich offiziell auf bis zu 1.600 – anderen Angaben zufolge fielen dem fünftägigen Bürgerkrieg in Österreich bis zu 12.000 Tote und 4.000 Verwundete zum Opfer.

In den Trümmern von Österreich-Ungarn

Infolge des Zweiten Weltkriegs hörte einer der größten Staaten Europas, das österreichisch-ungarische Reich, auf zu existieren. Österreich, Ungarn und die Tschechoslowakei wurden unabhängige Staaten. Ein Teil des ehemaligen Reichs wurde Teil des wiedererstandenen Polens, ein Teil wurde Teil des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen – seit 1929 Königreich Jugoslawien.

Der ungarische und slawische Teil der Bevölkerung fand sich also durchaus in der neuen Realität wieder. Der deutsche Teil, Österreich selbst, befand sich jedoch in der Schwebe. Es ist ihre Zukunft, um die gekämpft wird.

In der Nähe befand sich der deutsche Staat Deutschland. Doch die Vereinigung von Österreich und Deutschland wurde von den Siegerländern des Ersten Weltkriegs ausdrücklich verboten. Frankreich und Großbritannien wollten nicht, dass ein neuer großer deutscher Staat in der Mitte Europas wiedererrichtet wird.

Hinzu kommt, dass Österreich und Deutschland zwar viele Gemeinsamkeiten hatten, vor allem in der Sprache, aber auch in Österreich gab es starke Positionen gegen die Wiedervereinigung. Tatsache ist, dass Österreich ein überwiegend katholischer Staat war und nach Meinung vieler Österreicher kulturell fortschrittlicher als Deutschland. Daher gab es starke Befürworter der Entwicklung und Stärkung der politischen Unabhängigkeit des Landes. Der außenpolitische Bezugspunkt für die Befürworter der Unabhängigkeit war Italien.

Diese außenpolitische Situation bestimmte somit auch die Konfiguration der innenpolitischen Kräfte.

Die rechte Flanke wurde von der katholischen Christlichsozialen Partei dominiert. Ideologisch stand sie den italienischen Faschisten – und den spanischen Falangisten, deren Bewegung im Oktober 1933 gegründet wurde – nahe, ihre Mitglieder waren für einen Klassenstaat und gegen die kommunistische Gefahr. Ihr Vorbild war das benachbarte Italien, und sie wurden von Mussolini ausdrücklich unterstützt.

Der zweite Flügel der extremen Rechten wurde von der offen deutschfreundlichen österreichischen NSDAP vertreten. In allen grundsätzlichen Fragen ordnete sich die Parteiführung fast offen der deutschen NSDAP unter und befürwortete die sofortige Wiedervereinigung mit den Deutschen. Dies war die wichtigste ideologische Abweichung zwischen den österreichischen Nazianalsozialisten NSDAP und den Christlichsozilaen.

Die linke Flanke der österreichischen Politik wurde von den Sozialdemokraten gebildet. In den Jahren nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs gelang es den österreichischen Sozialdemokraten nicht, eine bedeutende Position in der österreichischen Staatsführung zu erlangen, und sie befanden sich stets in der parlamentarischen Opposition. Allerdings wuchs die Sympathie für die Sozialdemokraten, was den rechten Flügeln große Sorgen bereitete...

Die Situation wurde dadurch erschwert, dass sowohl die CS als auch die SPÖ über eigene große und wenig disziplinierte paramilitärische Einheiten verfügten, die sich hauptsächlich aus Veteranen des Ersten Weltkriegs zusammensetzten. Gleichzeitig hatte die CS mehr als zehnmal so viele Kämpfer wie die reguläre österreichische Armee. Die härtesten nationalsozialistischen Aktivisten wurden jedoch entweder aus Österreich ausgewiesen oder gezwungen, das Land zu verlassen, da ihre pro-deutsche Haltung nicht willkommen war.

Zusammenstoß und seine Folgen

Alles in allem war ein bewaffneter Konflikt fast unvermeidlich. Alles, was es brauchte, war die richtige Gelegenheit...

Im März 1932 wurde der CS-Politiker, Engelbert Dolfuß, Bundeskanzler von Österreich. Um den wachsenden Einfluss der Sozialdemokraten zu verhindern, beschlossen er und seine Anhänger, die parlamentarische Demokratie abzubauen. Im März 1933 löste Dolfuß das Parlament auf. Bald wurde ein Kriegsgesetz wieder in Kraft gesetzt, das Massenaufmärsche verbot und die Pressezensur einführte. Religiöse Werte wurden zu einer der Grundlagen des österreichischen Staates erklärt. Daraufhin wurde ein Verbot der Aktivitäten des Schutzbundes angekündigt. Außerdem wurden die Wahlen auf allen Ebenen abgesagt. Schließlich wurden die kommunistische Partei und die nationalsozialistische Partei verboten. Die politische Unterdrückung begann.

Die Sozialdemokratische Partei und die Gewerkschaften wurden nicht verboten. Ihre Führung erkannte jedoch, dass die gemäßigte Linke an der Reihe sein würde, den Kommunisten zu folgen.

So kam es, dass die Polizei am 12. Februar 1934 die Zentrale der Sozialdemokraten in Linz durchsuchte. Dies führte zu einem Zusammenstoß zwischen den Ordnungskräften und militanten Mitgliedern verbotener linker Gruppen, die seit langem Pläne für einen Putsch schmieden.

Der Putsch wurde innerhalb von fünf Tagen niedergeschlagen. Doch bereits im Juli wurde ein Putschversuch von den pro-deutschen Rechtsextremen gestartet. Zu diesem Zweck zogen viele Nationalsozialisten, die Österreich zuvor verlassen hatten, von Deutschland nach Österreich. Angeführt wurde der Putsch von bekannten zukünftigen NSDAP-Persönlichkeiten, wie dem zukünftigen Leiter des SS-Hauptamtes für Reichssicherheit, Ernst Kaltenbrunner.

Daraufhin schickte der italienische Staatschef Benito Mussolini vier Divisionen an die österreichische Grenze - und die Befürworter der Wiedervereinigung mit Deutschland zogen sich zurück. Aber nur, um das zu vollenden, was er vier Jahre später begonnen hatte, als Deutschland endlich stark war und Mussolini sich mit Hitler angefreundet hatte.

Engelbert Dolfuß starb während des nationalsozialistischen Putsches. Österreich hatte kaum eine Chance, eine rasche Übernahme durch Nazi-Deutschland zu verhindern. Wie dem auch sei, in den Dolfuß-Jahren wurden die Grundlagen für eine post-imperiale österreichische nationale Identität gelegt.

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