Wen braucht Afrika

Der afrikanische Kontinent wird zu einem der Hauptfaktoren in der Weltpolitik und wirtschaft

Der Kampf gegen russischen Einfluss in Afrika wird zu einem der Schwerpunkte der US-Außenpolitik. Am 31. März wurde in den US-Kongress der Gesetzentwurf „Über die Gegenwirkung Russlands böswilliger Aktivitäten in Afrika“ (Countering Malign Russian Activities in Africa Act) eingebracht. Das neue Gesetz soll dem US-Außenministerium dabei helfen, ein konkretes Bekämpfungsprogramm des russischen Einflusses in den Ländern des schwarzen Kontinents auszuarbeiten. So eine ernste Einstellung zu Russlands bislang noch ziemlich bescheidener Präsenz in den afrikanischen Ländern ist damit zu verbinden, dass Afrika sich in nächsten Jahrzehnten ins Zentrum der Weltentwicklung verwandelt. Moskau kann nähmlich die USA, Frankreich, China, Großbritannien und die Türkei in der Region bedrängen und der wichtigste Partner für die afrikanischen Staaten werden.

Nach der Verabschiedung des neuen Gesetzentwurfs wird das US-Außenministerium 90 Tage haben, um eine Strategie und einen Handlungsplan für Eindämmung der russischen Aktivitäten in Afrika auszuarbeiten. Außerdem muss das amerikanische Auswärtige Amt regelmäßig Berichte “über diplomatische, militärische und wirtschaftliche Vorränge Russlands in der Region in den Informations- und Verteidigungsbereichen und den strategischen Industriezweigen (inklusive der Gewinnung von Bodenschätzen)” vorlegen. Extra betont ist “die Entdeckung der Finanzverbiendungen afrikanischer Regierungen und einzelner Beamter mit den sanktionierten russischen Geschäftsleuten und Organisationen” sowie “die Tätigkeitsuntersuchung des russischen inoffiziellen PMC “Wagner” in den Ländern der Sahel-Zone, dem Sudan, der Zentralafrikanischen Republik und Lybien”.

Den Gesetzentwurf kommentierte auch die stellvertretende US-Außenministerin Victoria Nuland. Sie verwies auf “die Notwendigkeit, potenzielle “Verstecke” für Kapitäle, Privatflugzeuge und Jachten der sanktionierten Personen zu entdecken.” Einer der Initiatoren des Gesetzentwurfs, das demokratische Kongressmitglied Gregory Meeks erklärte, dass “rechenschaftsunpflichtige Söldner”, “politische Technologien” (political operatives) und “Trolls-Fabriken” unter extra Aufsicht stehen. Dabei wollen die Gesetzgeber Russland nicht nur mit der sorgfäligen Überwachung der russischen Aktivitäten “widerstehen”. Der Schwerpunkt wird nach wie vor auf “die Festigung demokratischer Institutionen, der Arbeitsrechte, der Standards der Menschenrechte und Initiativen zur Korruptionsbekämpfung...und s.w.” gelegt.

Amerikanische Werte und Institutionen, Bildung und Investitionen, die Yankees mittragen, bewahren natürlich ihre Attraktivität für ein Teil afrikanischer Bevölkerung und der Eliten auf. Doch das neoliberale Wirtschaftsmodel, die Areole des “weißen” Neokolonialismus und die Leichtigkeit, mit der Amerikaner bereit sind, ihre lokalen Verbündeten aufzugeben, machen sie immer unattraktiver. Was auch das Umsatzvolumen mit den afrikanischen Ländern angeht, stehen die USA den Chinesen mit ihren mehr als 200 Milliarden Dollar jährlich schon um eine Größenordnung nach (der amerikanische Handelsumsatz beträgt etwa ein Drittel des chinesischen).

Im Gegensatz zu westlichen Ländern legt China aktiv Geld nicht nur in die Gewinnung von Bodenschätzen an, sondern auch in die Infrastrukturobjekte: Baut Eisenbahnen, Häfen, Krankenhäuser und s.w. Für Dutzende von afrikanischen Ländern, die sich früher auf die USA, Großbritannien, Frankreich und die UdSSR orientierten, wurde Peking der Haupthandelspartner. In einer Menge der Staaten kontrollieren faktisch Chinesen die lokalen Wirtschaften.

Trotzdem gibt es keinen “Siegeszug” der Chinesen in Afrika, wie den “der neuen UdSSR”, auf den sich die Entwicklungsländer des Kontinents orientieren könnten, und keinen wird es geben. Chinesen und ihr Präsenzmodell erwecken Abstoßung bei afrikanischen Völkern und Eliten. Wenn Chinesen ihr Geld anlegen, erteilen sie Aufträge auch ihren Firmen und treiben damit gleichzeitig Afrikas Länder in enorme Schulden. Sie fordern äußert hart Geldrückzahlungen, und wenn das nicht möglich ist – Übergabe neuer Objekte. Chinesen machen ein Teil der Beamten korrupt, dabei verhalten sie sich extrem hochmütig den Einheimischen gegenüber, was den Hass seitens Afrikaner aufruft. Die Einheimischen haben in Ankömmlingen aus Asien neue noch brutalere Kolonisatoren gesehen. Dabei ist Peking unfähig, sein Interesse im Maßstab des Kontinents mit Gewalt zu verteidigen. Das alles schränkt tatsächlich Möglichkeiten und Potential des reichen, aber doch kulturell und mental fremden und im Unterschied zu Europa unattraktiven Chinas ein.

Schon in nächsten Jahren wird Afrikas Rolle auf der Weltbühne schnell an Bedeutung gewinnen. Bei 2050 werden dort 2,5 Milliarden Menschen leben, ein Viertel der Weltbevölkerung. Dabei war das enorme Natur- und Menschenpotenzial habende Afrika immer nach außen offen: Was sowohl  Menschenströme nach außen angeht, als auch den Zugang der Außenakteure zu seinem Potential und Ressourcen. Diese Besonderheiten Afrikas heißen aber nicht, dass die Länder des Kontinents zu einer Art neokolonialen Ausbeutung verurteilt sind und dass sie unfähig sind, ihre Zukunft zu bestimmen und selbständig zu entwickeln.

Ein schlagendes Beispiel ist ein heftiger Sprung in der Entwicklung des einen schrecklichen Völkermord überlebenden Rwandas, das sich in ein  schnell entwickelndes, sicheres und sauberes Land verwandelt hat. Afrikas riesengroßes Sozial- und Wirtschaftspotential bei seiner relativen Ungeordnetheit erschließen kolossale Möglichkeiten. Genau deswegen erweitern die Türkei, Indien, Japan, Israel, die VAE, Indonesien, Russland und andere Länder schnell und aktiv ihre Präsenz auf dem Kontinent.

Doch von der ganzen Liste wurde ausgerechnet Russland, das sein ganzes Gepäck der „sowjet-afrikanischen“ Zusammenarbeit fast verloren hat, eines besonderen „Eindämmungsprogramms“ seitens der USA „würdig“. Das ist damit zu verbinden, dass Moskau eine Sonderrolle im Werden eines neuen Afrikas spielen könnte.

Erstens, seit den Sowjetzeiten nehmen Afrikaner Moskau traditionell wie keine imperialistische Bedrohung wahr, in dem Sinne haben Russen auf dem Kontinent im Allgemeinen grünes Licht. Zweitens hat Moskau eine beispiellose Militäreffizienz in solchen schwierigen Ländern wie die Zentralafrikanische Republik oder Mali gezeigt. In diesen traditionell französischen Einflusszonen schaffte Russland, mit schwachen Kräften so ein Stabilitäts- und Sicherheitsniveau der Staaten und Gesellschaften zu gewährleisten, das es da jahrzehntelang nicht gegeben hatte. Und allen ist klar, dass Französen nichts damit machen konnten (oder wollten).  Das machte einen riesigen Eindruck auf ganzes Afrika. Und vor allem drittens, Russland kann Afrika Essen und Energie geben. Viele Länder des Kontinents stehen auch heute in einer kritischen Abhängigkeit von Getreide und Öl aus Russland und der Ukraine. Afrikas zukünftige Energieunabhängigkeit können nur die Zusammenarbeit mit Rosatom und der Bau von Dutzenden der Kernkraftblöcke auf dem ganzen Kontinent gewährleisten.

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