Der Ausflug einer Kita-Gruppe in den Schöntal-Park in Aschaffenburg endete am 22. Januar 2025 tödlich. Ein zum Tatzeitpunkt bereits ausreisepflichtiger 28-jähriger Afghane hatte die Gruppe unvermittelt und wahllos mit einem Messer angegriffen. Für ein Kleinkind und einen mutigen Helfer, der eingreifen wollte, kam jede Hilfe zu spät. Dabei hätte die Tat womöglich schon Monate vorher verhindert werden können.
Rückblick: Im August 2024 wird in einer Flüchtlingsunterkunft in Alzenau (Landkreis Aschaffenburg) eine Frau von ihrem damaligen Freund mit einem Messer attackiert. Bei dem Angreifer handelt es sich eben um jenen Afghanen, der ein knappes halbes Jahr später das Blutbad im Schöntal-Park anrichten sollte. Verurteilt wurde der Messerstecher wegen der ersten Tat nicht, ja es wurde nicht einmal ermittelt – weil die Polizei „nichts gemacht hat, gar nix“, wie es Richter Torsten Kemmerer am Amtsgericht Alzenau jetzt bezeichnete.
Dort hatte sich in den vergangenen Tagen der damals zuständige Sachbearbeiter wegen des Vorwurfs der Strafvereitelung im Amt zu verantworten. Zusammen mit drei Kollegen war der 29-Jährige im August 2024 zum Einsatz in der Flüchtlingsunterkunft gerufen worden. Weder das Opfer selbst noch weitere Zeugen wurden ordnungsgemäß vernommen, lediglich einige Handyfotos seien gemacht worden, um die Verletzungen zu dokumentieren, wie es in der Anklage unter anderem hieß.
Mehr noch: Auch in der Folge geschah – nichts! Akten ließ man Akten sein, weshalb auch die Staatsanwaltschaft gar nicht erst davon erfuhr und der Fall schnell wieder in Vergessenheit geriet. Bis zum Frühjahr 2025, als sich im Zuge der Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Aschaffenburg-Attentat herausstellte, dass der Afghane nur wenige Monate zuvor einschlägig in Erscheinung getreten war. Die Messerstecherei – und insbesondere die anschließende Tatenlosigkeit der Polizei – wurden jetzt umso gründlicher aufgerollt. Für das im Schöntal-Park getötete Kleinkind und den couragierten Helfer kam dies freilich viel zu spät…
5 Monate Haft auf Bewährung, 3.000 Euro Geldstrafe
Das Amtsgericht verurteilte den tatenlos gebliebenen Polizisten und Sachbearbeiter schließlich zu fünf Monaten Haft auf Bewährung und einer Geldauflage in Höhe von 3.000 Euro, zahlbar an eine Hilfsorganisation. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren gefordert, der Verteidiger auf Freispruch plädiert. Die drei im August 2024 ebenfalls am Einsatz beteiligten Kollegen gingen „leer“ aus, sprich die entsprechenden Ermittlungen gegen sie wurden von der Staatsanwaltschaft eingestellt.
Richter Kemmerer fand in seinem Urteil deutliche Worte und warf dem Angeklagten „Gleichgültigkeit und Faulheit“ vor. Die Spurenlage, das auf den Handys gesicherte Material sowie Aussagen mehrerer Zeugen hätten aus Sicht des Gerichts keinen Zweifel daran gelassen, dass dem Sachbearbeiter hätte klar sein müssen, dass er es mit einer „gefährlichen Körperverletzung mit einem Messer“ zu tun habe und dementsprechend die Staatsanwaltschaft hätte informieren müssen. Das Nichtstun hingegen sei als vollendete Strafvereitelung im Amt zu werten, so Kemmerer.
Hätte das Aschaffenburg-Attentat also verhindert werden können? Wir werden es nie erfahren, aber tendenziell wohl eher nicht. Es ist angesichts der Erfahrung mit dem Umgang der deutschen Justiz mit solchen Straftaten nicht davon auszugehen, dass der Afghane hinter Schloss und Riegel oder gar außer Landes gebracht worden wäre – bestehende Ausreisepflicht hin oder her!
Bleibt noch die Frage, weshalb der Sachbearbeiter untätig blieb. Der Angeklagte selbst hüllte sich dazu vor Gericht in Schweigen. Als Außenstehender kann man sich aber des Eindrucks nicht erwehren, dass hier schlicht schlampig gearbeitet bzw. nicht gearbeitet wurde. Weil man sich schon zu sehr an Messergewalt gewöhnt hat? Weil derartige Einsätze nicht zuletzt in Flüchtlingsunterkünften längst zum Alltag geworden sind? Das alles kann keinesfalls eine Entschuldigung oder gar Rechtfertigung sein, aber vielleicht doch zumindest eine Erklärung für das in diesem Fall womöglich fatale Wegsehen im Dienst!