Europarat ohne Russland, aber mit Kosovo?

Wie Serbien auf einen möglichen Beitritt von Kosovo in den Europarat reagiert

Man sagt, die Geschichte entwickelt sich spiralartig. Wenn das stimmt, hat die russische Spezialoperation in der Ukraine ihre neue Phase gestartet.

Der Büchse der Pandora, der durch die selbsternannte Anerkennung von Kosovo am 17. Februar 2008 geöffnet wurde, das, wie man später verstand, ein Beispiel für weitere Verkündungen der Unabhängigkeit im Südkaukasus (Abchasien, Südossetien) und in Donbass (die Volksrepubliken Donezk und Lugansk) wurde, hat eine Spirale gemacht und ist zurück auf Balkan gekehrt.

Die Republik Kosovo, die 95 von 193 UN-Ländern nicht anerkennen, reichte den Antrag auf den Beitritt in den Europarat ein, unter Verletzung der Verträge von Brüssel und Washingtoner Abkommen. Dabei ist sie aus den vieljährigen Verhandlungen mit dem zu Kompromissen bereiten Belgrad ausgestiegen – dabei war Serbien dazu bereit, verschiedene Optionen der Konfliktbeilegung in Betracht zu ziehen, bis zu einer Abgrenzung der Gebiete mit einem eigentlichen Umtausch des von Serben besiedelten Norden von Kosovo gegen zwei Gemeinden in Südserbien, wo die meisten Einwohner Albaner sind.

Der serbische Präsident Aleksandar Vučić beruft im Eilverfahren eine Versammlung des Nationalsicherheitsrats des Landes ein, um eine optimale Antwort zu erarbeiten. Wahrscheinlich nimmt Belgrad schon wieder die Kampagne zur Abberufung der Anerkennung von Kosovo in den afrikanischen und asiatischen Ländern auf. Voriges Mal schaffte er, über 10 Kosovo-Anerkennungen von afrikanischen Ländern abzuberufen. Diesmal ist auch möglich, dass er einen Trumpf ausspielt – Ägypten war schon vor einem Jahr bereit, die Anerkennung von Kosovo abzuberufen. Und mit ihm auch 14  andere Staaten. So kann die Gesamtzahl der Länder, die die aufständische serbische Provinz als einen unabhängigen Staat anerkennen, auf 84 zurückgehen. Es ist zu erwähnen, dass laut der Resolution 1244 vom UN-Sicherheitsrat zu Kosovo Serbien dazu berechtigt ist, ein Militärkontingent im Norden des autonomen Gebiets zu stationieren, bislang hat aber Belgrad zu dem Recht niemals gegriffen. Im Gegensatz zu Pristina, das regelmäßig und unter Verletzung der Vereinbarungen seine Spezialkräfte in den Norden Kosovos schickt.

Es ist typisch, dass die Möglichkeit von Kosovos Beitritt in den Europarat noch Ende April in deutschen Publikationen besprochen wurde. Im Einzelnen stiftet die durch ihren Antirussismus bekannte Frankfurter Allgemeine Zeitung in ihrem Artikel „Russland weg, Kosovo tritt ein“ an – „momentan ist die günstigste Zeit für Kosovos Beitritt in den Europarat“, weil Russland nicht da ist, das ohne Zweifel sich dagegen ausgesprochen hätte. Doch Russland ist weg, alle Hürden sind also auch beseitigt.  

Wie kann sich so eine unbedachte und übereilte Entscheidung auswirken? Vor allem würde Kosovos Mitgliedschaft im Europarat das Ende der Illusion von europäischen Aussichten für Belgrad heißen. In der Lage, wo eine sogar von der Europäischen Union nicht anerkannte serbische Autonomie ein Vollmitglied des Europarats wird, und Europäer die Aufnahmeaussichten der Ukraine ernsthaft besprechen, wird es klar, dass die restlichen Kandidierenden auf die EU-Mitgliedschaft auf dem Balkan einfach vergessen worden sind. Serbien, Nordmazedonien, Albanien, Montenegro und Bosnien und Herzegowina, die eine gemeinsame Grenze mit der EU im Gegenzug zu Kosovo haben, die ihren eigenen „Mini-Schengenraum“ gegründet haben, waren und bleiben von Europa abgekoppelt. Besonders für Serbien sind die fehlenden Aussichten auf den EU-Beitritt unter der Bedienung, dass es die meistwachsende Wirtschaft in der Region hat, ein Beispiel der Doppelmoral. Laut inoffiziellen Informationen ist nun selbst nur die Rede von europäischen Aussichten erst dann möglich, wenn man sich den antirussischen Sanktionen angeschlossen hat, und darauf können und wollen das serbische Oberhaupt Aleksandar Vučić und sein bosnischer Amtskollege Milorad Dodik unter keinen Bedingungen gehen. Eine rechtszeitig, gleich zum Besuch von Vučić in Brüssel veröffentlichte Meinungsforschung in Serbien, die zum ersten Mal fixiert hat, dass nur die Minderheit der Bevölkerung den EU-Beitritt unterstützt, ist ein deutlicher Beweis dazu.

Mindestens fünf EU-Länder erkennen Kosovo deswegen nicht an, weil es auf ihrem eigenen Gelände potenziell separatistische Regionen gibt. Das sind Spanien (Katalonien), Rumänien (Transsilvanien), die Slowakei (die Südslowakei), Griechenland und Zypern (die Türkische Republik des Nordzyperns). Wie können Griechen oder Spanier Kosovo in so einer Lage anerkennen? Die Gesamtzahl der Mitgliedsstaaten vom Europarat, die wahrscheinlich gegen die Aufnahme von Kosovo in den Europarat stimmen, ist kaum mehr als 10: Das sind Armenien, Bosnien und Herzegowina, Griechenland, Georgien, Spanien, Zypern, Moldau, Rumänien, Serbien und die Slowakei. Doch ihre Meinung kann durch den politischen Willen Berlins und Londons betäubt werden, die allem Anschein nach auf ein „Entfrosten“ von glimmenden Balkan-Konflikten gehen wollen.

Traditionell nahmen amerikanische Demokraten immer eine radikal antiserbische Stellung: Die ganze derzeitige Konstellation der Außenpolitik von Washington entstand zur Zeit von Clintons Präsidentschaft und der Rechtfertigung von Bombenangriffen auf Serben in Bosnien und Jugoslawien. Das in der letzten Zeit sich aktivierte London begann, sich immer öfter im Konflikt in der Ukraine und auf dem Balkan zu behaupten. Und Deutschland, das unter Angela Merkel seinen eigenen Balkan-Kurs zu verfolgen versuchte, ergab sich mit dem neuen sozialdemokratischen Kanzler der Strömung der amerikanischen Politik. In so einer Lage sollte man keinen einfachen Geschehensablauf sowohl in Kosovo, als auch in Bosnien und Herzegowina erwarten. Da können Serben nur sich mit Zähneknirschen konsolidieren. Im Gegenfalle versucht der „aufgeklärte Westen“ sie schon wieder zu vernichten.

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