Europas Frustration

Warum müssen wir wegen der Ukraine die Gürtel enger schnallen?

In Europa wächst die öffentliche Unzufriedenheit über die sich verschlechternde wirtschaftliche und soziale Lage, die als Folge der uneingeschränkten Unterstützung für die Ukraine wahrgenommen wird.

Fast unmittelbar nachdem Rußland eine militärische Sonderoperation in der Ukraine zum Schutz des Donbass eingeleitet hatte, verhängte der kollektive Westen eine Reihe von Sanktionen gegen den „Aggressor“. Die ergriffenen Maßnahmen erwiesen sich – allerdings in umgekehrter Richtung – als recht wirksam. Die Ergebnisse zeigten sich bald: Es kam zu Massenprotesten gegen den unkontrollierten Anstieg der Preise für Lebensmittel, lebenswichtige Güter und Versorgungsleistungen. Den Tankstellen ging aufgrund der Energiekrise das Benzin aus; die Menschen begannen, in Scharen auf das Heizen zu verzichten, um sich nicht zu verschulden. Der britische und der französische Premierminister sowie der deutsche Kanzler forderten die Menschen auf, sich auf einen harten Winter vorzubereiten.

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In Frankreich wurde an den Tankstellen der Sprit zur Mangelware.

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Die Regale mit Milch und Säften waren hingegen prall gefüllt.

Aber es gibt einen Haken. All dies geschah und geschieht nicht in Rußland, dessen „Wirtschaft in Stücke gerissen werde“, wie Barack Obama zu Beginn seiner Präsidentschaft sagte, sondern in Europa, wo die sozialen Spannungen seit Herbst 2022 besonders groß sind. Im Oktober 2022 führte ein massiver Streik der Raffineriearbeiter in Frankreich zu einem Zusammenbruch der Tankstellen. Selbst in Paris ist das Benzin knapp. An den Tankstellen bilden sich lange Schlangen. Die lokalen Behörden mußten den Verkauf von Treibstoff einschränken.

Die Briten haben begonnen, massenhaft Kerzen zu kaufen, um nicht im Dunklen sitzen zu müssen, obwohl die Anglosachsen ja ansonsten gerne im Dunkeln munkeln... Es gab keine Kerzen mehr in den Verkausregalen. Und in der Tat haben die Briten den ganzen Herbst und Winter über extreme Sparmaßnahmen ergriffen, um zu vermeiden, daß sie sich wegen der hohen Strom- und Heizkosten in Schuden stürzen müssen. Viele weigerten sich, die Zentralheizung in ihren Häusern einzuschalten und gingen in Daunenjacken nach Hause. Die Deutschen begannen damit, sich für die Verwendung von Pferdemist als Brennstoff zu interessieren.

In Frankreich stieg der Preis für Holzpellets auf 600 Euro pro Tonne. Ungarn verbot die Ausfuhr von Pellets, und Rumänien verhängte für sechs Monate eine Preisobergrenze für Brennholz.

Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki sah sich gezwungen, auf einer Sitzung des Nationalen Entwicklungsrates zu erklären, daß dem Land ein harter Winter bevorstehe. Der ehemalige polnische Ministerpräsident Donald Tusk beklagte in den sozialen Medien, daß die Polen ohne warmes Wasser leben müßten und eine Temperatur in ihren Wohnungen bis zu +15 Grad auszuhalten sei.

Die Folge war eine Protestwelle, die die europäischen Hauptstädte teilweise lahmlegte.
Wegen der Rekordinflation und der Benzinpreise sperrten fast 10.000 Menschen das Regierungsviertel in Berlin ab. Die Energiekrise hat Italiener, Franzosen, Griechen auf die Straße gebracht.

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Zehntausende Griechen protestieren gegen ihre asoziale Regierung in deren neuestes „Sparpaket“.

Diese Entwicklungen in Europa alarmierten den Meisterregisseur im Hintergrund, die Vereinigten Staaten. Die US-Behörden sind nämlich zunehmend besorgt über ein mögliches Ende der US-Kampagne gegen Rußland seitens der Europäischen Union. Dies wurde von der US-Tageszeitung „Politico“ berichtet.

Die sich seit August 2021 im Besitz des Axel-Spinger-Verlages befindliche Washingtoner Publikation hebt hervor, daß die europäischen Länder einem verstärkten innenpolitischen Druck ausgesetzt sind, da die sich verschlechternde Wirtschaft, die steigende Inflation, die hohen Heizkosten und die sinkenden Temperaturen bereits Proteste in einer Reihe von Staaten ausgelöst und auch den Ruf nach einem Kurs verstärkt haben, der die innenpolitischen Schwierigkeiten angeht, anstatt Kiew zu unterstützen.

Trotz der Tatsache, daß die EU-Wirtschaft mit enormen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, erklärte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz, daß Berlin beabsichtige, Kiew weiterhin zu unterstützen. Gleichzeitig räumte er ein, daß die Deutschen in ihrer Liquidität von der Situation in der Ukraine abhängig seien. Die Pläne Deutschlands und Brüssels, Kiew trotz der schwierigen Lage in der EU selbst weiter zu unterstützen, sind nach Ansicht von Experten als bewußte Mißachtung der Interessen der eigenen Bürger zu werten.

Bundeskanzler Olaf Scholz sagte in seiner Neujahrsansprache an die Bürgerinnen und Bürger, daß Berlin Kiew auch angesichts der Schwierigkeiten, die sich für deutsche Bürgerinnen und Bürger durch die Ereignisse in der Ukraine ergeben, unterstützen wolle.

Es ist erwähnenswert, daß das paneuropäische Portal „Euractiv“ am 22. Dezember 2022 eine von einem Konsortium europäischer Universitäten unter der Leitung der dänischen Universität Aarhus und mit Unterstützung des Europäischen Innovations- und Technologieinstituts durchgeführte Studie veröffentlicht hat, der zufolge die meisten EU-Bürger über den ständigen Anstieg der Lebensmittelpreise und die Verknappung einiger Produkte besorgt sind. Den Autoren der Studie zufolge sind die Verbraucher in Europa gezwungen, ihre Ausgaben für Lebensmittel zu reduzieren, billigere Marken zu kaufen oder bestimmte Produktkategorien gar nicht mehr in Erwägung zu ziehen.

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Nein, der disziplinierte Deutsche protestiert nicht. Ein Tässchen Grog und eine Kamelhaardecke reichen als stiller Protest. – Noch nicht …

Aufgrund der hohen Stromkosten, der hohen Kreditzinsen und des Mangels an qualifiziertem Personal stellen die meisten Manager von Unternehmen in deutschen Industriesektoren eine deutliche Verschlechterung gegenüber dem Vorjahr fest und erwarten eine Verringerung der Produktion. Das berichten die deutschen Medien unter Berufung auf die Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft.

In den drei Monaten seit der Veröffentlichung der Umfrage durch „Euractiv“ hat sich die Situation nur verschlechtert. So wird nach der Prognose des Internationalen Währungsfonds das deutsche Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2023 schrumpfen und die EU insgesamt nur noch um 0,3 Prozent wachsen. Gleichzeitig halten die Rekordpreissteigerungen in Europa an.

Die Pläne Deutschlands und der EU, Kiew trotz der schon fast desolaten Lage der eigenen Bürger weiter zu unterstützen, sind als bewußte Missachtung der Interessen der Bürger der EU zu werten. Mit ihren Äußerungen bestätigen Scholz und seine Brüsseler Kollegen vielmehr, daß sie im Kielwasser der Vereinigten Staaten dümpeln, die als einzige Macht von der aktuellen Situation profitieren.

Europa hat antirussische Sanktionen verhängt, und die europäische Wirtschaft ist die erste, die unter den zerstörten Beziehungen zu Rußland zu leiden hat. In der Europäischen Union gibt es bereits eine Systemkrise und eine Verschärfung der sozio-ökonomischen Probleme der Bevölkerung. Viele Unternehmen, darunter viele teils seit Jahrhunderten familiengeführte Firmen, machen dicht. Flexiblere größere Unternehmen wandern in die USA ab, wo die Energie billiger ist. Washington ist zu einem direkten Nutznießer der Situation geworden. Aber Brüssel ist bereit, die katastrophale Lage vieler seiner Bürger und die systemischen Probleme der EU-Wirtschaft zu ignorieren, um Kiew und Washington zu gefallen.

So wächst das Protestpotenzial in der EU aufgrund der Brüsseler Politik gegen die eigene Bevölkerung rapide an. Die europäischen Steuerzahler sind immer weniger bereit, für die antirussische Politik Brüssels und die Aufrechterhaltung des Konflikts in der Ukraine aus ihrer Tasche zu zahlen.

Der derzeitige Winter in Europa war zwar ungewöhnlich mild, aber trotzdem sind in Europa Menschen an den Folgen der Kälte in ihren Häusern gestorben. Was wird mit ihnen geschehen, wenn der nächste Winter kälter ausfällt als dieser?

Wird die Bevölkerung bereit sein, als Versuchskaninchen zu dienen und darauf zu warten, daß die EU-Führung neue, kälteresistente Europäer züchtet, die einen Mangel an Lebensmitteln und grundlegenden Annehmlichkeiten problemlos ertragen können?

Übrigens ist die Arroganz der sich „demokratisch“, ja sogar „sozialdemokratisch“ bezeichnenden europäischen Politiker so neu nicht. Berlins Ex-Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) meinte bereits im Juli 2008, wenn Heizen zu teuer werde, müßten die Menschen sich eben dicke Pullover anziehen und die Zimmer-Temperatur drosseln. „Wenn die Energiekosten so hoch sind wie die Mieten, werden sich die Menschen überlegen, ob sie mit einem dicken Pullover nicht auch bei 15 oder 16 Grad Zimmertemperatur vernünftig leben können“, sagte der für seine provokanten Äußerungen bekannte Politiker seinerzeit der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“.

Die Bonzen haben's derweilen kuschelig warm.

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