Der Ukrainische Nationalismus – Ein Tragischer Irrtum

Der ukrainische Nationalismus als Werkzeug zur Auflösung des russischen Staates.

Wie schon aus dem Titel dieses Aufsatzes hervorgeht, steht dessen Verfasser dem ukrainischen Nationalismus ablehnend gegenüber, doch möchte er es nicht bei bloßen Verdammungsurteilen bewenden lassen, sondern konkret aufzeigen, welches die Grundirrtümer dieser Ideologie sind und welche Umstände ihr Aufkommen begünstigt haben. Hierzu nun einige essentielle Punkte.

Der ukrainische Nationalismus als negative Ideologie.

Von sämtlichen anderen Nationalismen unterscheidet sich der ukrainische dadurch, daß er seinem Wesen nach ausschließlich abgrenzender, also negativer Art ist. Sein zentraler Glaubenssatz lautet: Wir Ukrainer sind keine Russen. Diesem Dogma steht freilich die traditionelle, historisch wohlfundierte Auffassung vom einheitlichen ostslawischen Strom der Geschichte entgegen. In der Tat war der Begriff «Ukraine» ursprünglich rein geographischer Art und bezog sich nicht auf irgendeinen Volksstamm. Jener Zweig des russischen Volkes, der im heutigen ukrainischen Staat lebte, wurde einfach als «Kleinrussen» bezeichnet.

Soweit mir bekannt ist, war der Historiker Michailo Hruschewski (1866-1934) der erste, der eine von Anfang an getrennte Entwicklung von Russen und Ukrainern postulierte – eine These, die sich nur mit massiven Geschichtsklitterungen verteidigen läßt. Welch groteske Formen diese bisweilen annehmen, zeigt beispielsweise der in jüngster Vergangenheit unternommene Versuch, die Abstammung der Ukrainer von den «grossen Ukren» nachzuweisen – einem Volk, von dem die Welt zuvor nie etwas gehört hatte.

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Mychajlo Serhijowytsch Hruschewskyj (1866-1934), ein Historiker, Politiker und Aktivist in der ukrainischen Nationalbewegung, setzte der Auffassung eines einheitlichen ostslawischen (russischen) Stromes der Geschichte die Idee einer getrennten Entwicklung der Volkstümer der Russen und Ukrainer entgegen.

Geistige Verarmung als Folge der künstlichen Abgrenzung von Rußland und seiner Kultur.

Unter dem zutreffenden Titel «Der Feind heißt jetzt nicht mehr nur Putin, sondern auch Puschkin» berichtete die Berliner Zeitung am 15. März 2022 über die vom Kiewer Regime hektisch betriebene Säuberung des ukrainischen Staates von russischer Literatur jeder Art. Ein langfristiger Erfolg dieser Politik hätte eine kolossale geistige Verarmung zur Folge. Wer bei Wikipedia das Stichwort «Ukrainische Literatur» eingibt, findet dort lauter Verfasser, die ja respektable Werke geschaffen haben mögen – hierüber kann ich infolge meiner mangelnden Kenntnisse dieser Literaten kein Urteil fällen –, außerhalb der Ukraine jedoch lediglich einen winzigen Kreis von Spezialisten bekannt sein dürften.

Eine Ausnahme stellt allenfalls Taras Schewtschenko dar – der übrigens nur seine Gedichte in ukrainischer, seine Prosa jedoch in russischer Sprache verfaßt hat. Würde das Ziel des Kiewer Regimes und der ukrainischen Nationalisten, die russische Sprache gänzlich aus der Ukraine zu verdrängen, erreicht, so hieße dies, daß ukrainische Literaturfreunde Puschkin, Tolstoi und Dostojewski entweder gar nicht mehr lesen könnten oder, falls solche vorhanden sind, in ukrainischen Übersetzungen lesen müßten – eine vollkommen absurde Vorstellung. Und da die Zahl der Menschen im Ausland, die gewillt sind, die ukrainische Sprache zu erlernen, sich stets in engen Grenzen halten wird, würde den Ukrainern dann ein bisher mühelos verfügbares Instrument zur Verständigung mit den Bürgern Rußlands sowie der anderen ehemaligen Sowjetrepubliken verloren gehen.

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Taras Hryhorowytsch Schewtschenko (1814-1861) war Maler und der bedeutendste ukrainische Lyriker. Sein literarisches Werk legte den Grundstein zur Schaffung der modernen ukrainischen Literatur, und seine Dichtung trug stark zur Entwicklung der modernen ukrainischen Sprache und zum Erwachen des ukrainischen Nationalbewußtseins bei.

Und welche „Nationalhelden“ kann eine Ukraine, die sich von Rußland und seinem Erbe lossagt, ihrem Volk als Vorbilder anpreisen? Außer Bandera und Schuktschewitsch gibt es da nicht allzu viele.

Der Antisowjetismus der ukrainischen Nationalisten – Eine unfreiwillige Ironie.

Daß nach dem Umsturz von 2014, der in Kiew ein offen antirussisches Regime an die Macht brachte, überall in der Ukraine sowjetische Denkmäler und insbesondere Lenin-Statuen geschleift wurden, war eine unfreiwillige Ironie oder, wie man es auch ausdrücken könnte, ein Akt schwärzester Undankbarkeit. Ein gutes Drittel ihres heutigen Territoriums verdankt die Ukraine nämlich Lenin, welcher der Ukrainischen Sowjetrepublik u. a. den rein russischen Donbass mit seiner stark entwickelten Industrie zuschlug, um den Anteil der Proletarier an der ukrainischen Bevölkerung zu erhöhen. Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ Stalin das ukrainische Territorium durch Gebiete erweitern, die früher teilweise zum Zarenreich gehörten, nach dessen Ende jedoch unter polnische, tschechoslowakische, ungarische und rumänische Herrschaft geraten waren.

Und aus Gründen, über die sich die Historiker bis heute die Köpfe zerbrechen, schenkte Chruschtschow 1954 die Krim, zuvor Bestandteil der Russischen Sowjetrepublik, der Ukrainischen Sowjetrepublik. Der 1991 gegründete ukrainische Staat war also weitgehend eine Schöpfung jenes Sowjetsystems, das die ukrainischen Nationalisten als brutalen Unterdrücker des ukrainischen Volkes brandmarken. Eine Ideologie, der so tiefgreifende Widersprüche innewohnen, ist für einen Staat kein tragfähiges Fundament.

Der ukrainische Nationalismus als Werkzeug geopolitischer Widersacher Rußlands

In den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg wurde der ukrainische Nationalismus von der Habsburger Monarchie als Instrument zur Schwächung Rußlands zielstrebig gefördert. Dieselbe Politik betrieb das Dritte Reich während seiner kurzen Herrschaft über die Ukraine, doch da es nicht gewillt war, den Ukrainern einen eigenen souveränen Staat zuzustehen, sondern sie lediglich als Hilfstruppen gegen die Sowjets rekrutieren wollte, war ihr Erfolg recht gering.

Nach Beginn des kalten Krieges wurden ukrainische Exilgruppen in den USA massiv gefördert und finanziert, und nachdem Kiew Anfang 2014 auf offenen Konfrontationskurs mit Moskau eingeschwenkt war, erklärte die amerikanisch-jüdische Historikerin Anne Applebaum, Gattin des damaligen polnischen Außenministers Radisław Sikorski, den ukrainischen Nationalismus endgültig für koscher: «Nationalismus ist genau das, was die Ukraine braucht.»

Dieses „statement“ aus dem Munde einer Jüdin – immerhin auch Mitglied im Rockefellerschen Council of Foreign Relations – mutet mehr als befremdlich an, vergegenwärtigt man sich die von ukrainischen Chauvinisten an Juden begangenen Gewalttaten. Man mag es nicht glauben, aber selbst die Wehrmacht schritt gegen die von den Ukrainern an den Juden verübten Exzesse anno 1941/42 ein.

Es bedarf kaum der Erwähnung, daß den USA und ihren Satelliten nichts auf der Welt gleichgültiger ist als das Schicksal des ukrainischen Volkes; dieses dient ihnen lediglich als Rammbock zur Schwächung – oder idealerweise Zerstörung – ihres russischen Rivalen. «Den Vereinigten Staaten ist das ukrainische Volk völlig egal. Es bedeutet ihnen nichts. Unter dem liberalen Präsidenten Clinton wurden [in Ruanda] eine Million Afrikaner abgeschlachtet, und wir haben keinen Finger gerührt. Wir hatten keine geopolitischen Interessen, die das gerechtfertigt hätten», schreibt der US-amerikanische Kommentator Lifschultz sehr treffend. (David K. Lifschultz: „Realpolitik in the Ukraine“)

Objektive historische Entwicklungen, die den ukrainischen Nationalismus förderten

Der ukrainische Nationalismus mag von Theoretikern am Reißbrett entwickelt worden sein, aber daß ein nicht unerheblicher Teil der Ukrainer Sympathien für diese Ideologie entwickelte, hatte objektive historische Gründe. In der Westukraine war das Wachstum dieses Nationalismus eine verständliche Reaktion auf die brutale Polonisierungspolitik Warschaus, die von den Ukrainern als Unterdrückung und Demütigung empfunden wurde. Die Bandera-Bewegung ist also nicht vom Himmel gefallen. Und in der Sowjetunion führte die Regierung 1932/1933, um den Widerstand der Bauern gegen die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft zu brechen, eine künstliche Hungersnot herbei, indem sie in den aufrührerischen Gebieten die Lebensmittel beschlagnahmen ließ.

Diesem Holodomor fielen in der Ukraine rund dreieinhalb Millionen Menschen zum Opfer. Ein spezifisch antiukrainischer Völkermord war diese Politik zwar nicht – in Kasachstan soll die Zahl der Opfer prozentuell noch höher gelegen haben, und auch in Rußland und Weißrußland sind damals unzählige Landbewohner verhungert –, doch schuf diese Kampagne naturgemäß enorm viel Zorn und Haß, der dann von den ukrainischen Nationalisten ausgenutzt wurde.

Falsche Strategien zur Bekämpfung des ukrainischen Nationalismus

Aufgrund der nach der Gründung eines selbständigen ukrainischen Staates betriebenen intensiven Gehirnwäsche, insbesondere der Indoktrinierung der Jugend, ist es eine Tatsache, daß sich heute sehr viele Ukrainer als Angehörige einer selbständigen Nation empfinden; im Westen, Norden und Zentrum des Landes ist dies ohne jeden Zweifel die Mehrheit. Aus russischer Warte kann man dies bedauern, aber nicht ändern, zumindest auf absehbare Zeit nicht.

Der größte Fehler, den russische Politiker und Meinungsmacher in dieser Situation begehen können, besteht darin, den ukrainischen Nationalismus noch zu fördern, indem man diese Menschen vor den Kopf stößt. Wenn z. B. immer nur von der «sogenannten Ukraine» die Rede ist, oder wenn Soldaten der ukrainischen Streitkräfte pauschal als «Söldner, Verbrecher und Sadisten» geschmäht werden, entspricht dies erstens nicht den Tatsachen und führt zweitens nicht zu einer Abnahme, sondern zu einer Steigerung der antirussischen Affekte. Neben den unstreitig existierenden «Söldnern, Verbrechern und Sadisten» kämpfen in der ukrainischen Armee selbstverständlich auch sehr viele Menschen, die subjektiv der Überzeugung sind, ihr Vaterland zu verteidigen – und um der Wahrheit die Ehre zu geben, kämpfen sie nicht schlecht. (Dies anerkennt kein Geringerer als Wagner-Chef Prigoschin, der dem Mut der ukrainischen Soldaten wiederholt seine Achtung gezollt hat.) Wer – wie es nicht zuletzt Wladimir Putin tut – die Ukrainer für eine Abzweigung des russischen Volkes hält, für den stellt der Ukraine-Konflikt letzten Endes ein Bürgerkrieg dar, und die kollektive Abwertung der jeweils gegnerischen Seite erschwert es außerordentlich, die tiefen Wunden, die jeder Bürgerkrieg schlägt, nach dessen Ende zu heilen.

Wie können die Wunden geheilt werden?

Rußland muß den Krieg gegen das Kiewer Regime und damit gegen dessen Nato-Hintermänner gewinnen; alles andere wäre eine gigantische Katastrophe nicht nur für Rußland, sondern für die Völker der Welt. Nach einem russischen Sieg werden zweifellos manche ukrainischen Gebiete, unter Umständen die gesamte Schwarzmeerküste, nach vorherigen Referenden der Russischen Föderation beitreten, doch die Restukraine mit Kiew als Hauptstadt wird noch auf lange Zeit als selbständiger Staat existieren, nur eben unter einer neuen Regierung, welche die wahnsinnige antirussische Politik beendet, der Nato nicht länger erlaubt, die Ukraine als Aufmarschgebiet zu benutzen, mit Rußland friedlich koexistiert und gemeinsam mit diesem die zerstörten Teile des Landes wiederaufbaut.

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