2023 – Jahr der Entscheidung

Der Westen droht in der Ukraine zu scheitern – Er braucht dringend eine "Exit-Strategie"

Mit dem russischen Einmarsch in die Ukraine kam am 24. Februar 2022 ein Konflikt zum Ausbruch, der viele Jahre lang vom Westen vorbereitet worden war. Mit dem früheren ukrainischen Präsidenten Poroschenko, der deutschen Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem ehemaligen französischen Präsidenten Hollande meldeten sich im Laufe des Jahres gleich drei frühere Staatschefs zu Wort und räumten übereinstimmend ein, daß das 2015 geschlossene Minsker Abkommen nur den Zweck gehabt habe, der Ukraine Zeit für ihre Aufrüstung zu verschaffen. Über die Vorgeschichte des Krieges und die Verantwortung für seinen Ausbruch muß deshalb kein Wort mehr verloren werden.

Fast ein Jahr später drängen die Ereignisse ihrer Entscheidung entgegen. Das betrifft in erster Linie die Europäer, die erschreckend ahnungslos sind. Sie wandeln auf dünnem Eis. Zu allem Überfluß haben sie so gut wie alle Mittel aus der Hand gegeben, um die im Raum stehenden Katastrophen noch abzuwenden. Den einzigen gangbaren Weg – nämlich die Rückkehr zu normalen, gutnachbarschaftlichen Beziehungen zu Rußland – hat sich die Politik des Westens unter maßgeblicher Federführung der USA vorsätzlich verbaut. Die transatlantisch abgerichteten europäischen Politiker, Wirtschaftsführer und Öffentlichkeitsbearbeiter sind dem, was kommt, praktisch hilflos ausgeliefert.

Die weitere Entwicklung wird maßgeblich vom Krieg in der Ukraine bestimmt werden und von der Frage, mit welchen Eskalationen zu rechnen ist. Bislang sind die Europäer von den Kriegsereignissen nicht direkt betroffen, in ökonomischer Hinsicht jedoch sehr wohl: ihre Energieversorgung haben sie selbst erfolgreich sabotiert – bis hin zur Sprengung der Nord Stream-Pipelines mutmaßlich durch eine westliche Macht. Und die wirtschaftlichen Auswirkungen der unterbrochenen Handelsbeziehungen zu Rußland sind schon jetzt enorm.

Das Jahr 2023 wird für den Ausgang des Krieges entscheidend sein – und damit auch für die Zukunft der Europäer, insbesondere Deutschlands.

2023 Is the Year to Make a Decision
Waffenlieferungen an die Ukraine seien nicht im Interesse Deutschlands, die Bundesregierung treibe das Land mit ihren jüngsten Entscheidungen in einen Krieg, sagte Tino Chrupalla, 1. Bundesvorsitzender der oppositionellen Rechtspartei Alternative für Deutschland.

Man muß die Konstellation völlig nüchtern sehen: für beide Seiten – den Westen ebenso wie für Rußland – entscheidet der Krieg in der Ukraine über Fortbestehen oder Untergang. Der Krieg ist längst eine Auseinandersetzung zwischen dem Westen und Rußland, wenn auch derzeit noch regional begrenzt und von begrenzter Intensität. Sollte Rußland unterliegen, droht ihm nach dem Muster Jugoslawiens, Libyens oder des Iraks die politische und ökonomische Ausweidung durch die transatlantischen Finanzeliten und die territoriale Aufteilung. Amerikanische think tanks machen seit den neunziger Jahren aus diesen Absichten kein Hehl.

Rußland wird dieses Schicksal vermeiden und schlimmstenfalls – wie es die Moskauer Nukleardoktrin vorsieht – vorher Atomwaffen einsetzen. Diese Entwicklung ist aber eher unwahrscheinlich, weil derzeit nicht Rußland, sondern der Westen an seine Grenzen kommt. Die Ukraine ist ein schwarzes Loch für Milliarden an westlichen Steuergeldern und mehr noch für die militärischen Kapazitäten des Westens einschließlich der USA. Der Westen entwaffnet sich gerade selbst, und die Ukraine verblutet.

Nach Einschätzung selbst US-amerikanischer Experten wie des früheren Pentagon-Beraters und US-Obersten Douglas Macgregor kommen auf einen russischen Toten derzeit bis zu acht ukrainische, während die russische Seite Verstärkungen heranführt und sukzessive die Infrastruktur der Ukraine ausschaltet. Die Unterstützung des Westens für das Kiewer Regime werde die Ukraine nicht vor einer Niederlage und dem Verlust neuer Gebiete bewahren, sagte Macgregor dieser Tage im unabhängigen Videokanal "Redacted", und weiter: "Ich glaube, das ist bereits allen klar. Kiew wird eine traurige Bilanz ziehen, von der Ukraine wird fast nichts mehr übrig sein."

Jeder, der eins und eins zusammenzählen kann, erkennt, daß die Ukraine nicht gewinnen kann. Kluge und klarblickende Köpfe wie Orbán, aber selbst ein Mann wie der frühere Bundeswehr-Generalinspekteur Harald Kujat sind die ersten, die es dieser Tage offen aussprechen. Ja, es gibt schwer verständliche Defizite auf russischer Seite. Aber Rußland hat den längerem Atem, die größeren Ressourcen und keine Eile. Rußland wird nicht verlieren.

Interessant wird nun sein, wie die unvermeidliche Exit-Strategie des Westens aussehen wird. Er wird trotz aller martialischer Bekundungen eher früher als später von seiner selbstmörderischen Ukraine-Unterstützung abrücken müssen, wenn er den ökonomischen Ruin und die politische Spaltung vermeiden will. Selbst im Falle einer Eskalation – also einer direkten militärischen Konfrontation zwischen der NATO und Rußland – wird der Westen nicht in der Lage sein, Rußland Paroli zu bieten und die Ukraine wirksam zu verteidigen. Weder die westlichen Armeen noch die meisten westlichen Waffensysteme sind auf einen länger anhaltenden Bodenkrieg ausgelegt; was durch das peinliche Versagen sowohl der deutschen Panzerhaubitze 2000 in der Ukraine als auch der neuen "Puma"-Schützenpanzer drastisch unterstrichen wird. Bei einem Übungsschießen im Dezember 2022 waren 18 von 18 der hochmodernen Panzer komplett ausgefallen.

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Bundesverteidigungsministerin Christina Lambrecht im Schützenpanzer Puma, Februar 2022. Heute wird der Puma der Ministerin keine Freude mehr bereiten – die 10. Panzerdivision der Bundeswehr steht ohne eine Kompanie Schützenpanzer da.

Während besonnenere Köpfe wie der frühere US-Außenminister Henry Kissinger die Zeit für gekommen halten, einen Verhandlungsfrieden anzustreben, will die NATO-Führung davon nichts wissen. Sie ist auf dem besten Wege, sich in der Ukraine ihr eigenes Grab zu schaufeln. Nach Lage der Dinge sitzt das westliche Bündnis ökonomisch, militärisch und politisch am kürzeren Hebel. Nota bene: Rußland hat noch nicht einmal begonnen, seinerseits aktive Sanktionen gegen den Westen zu verhängen. Aber der Westen ist bereits schwer angeschlagen.

Die Frage, ob und wie es der Westen in den nächsten Monaten schafft, einen Ausweg aus dem Ukraine-Dilemma zu finden, wird entscheidend für seine Zukunft sein. Scheitert er in der Ukraine – und alle Indikatoren legen das nahe –, wird das seine Position in der Welt des 21. Jahrhunderts weiter erschüttern und seinen Abstieg beschleunigen.

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