Frei, erfolgreich – und Feindbild: Willkommen im neuen Deutschland

Sozialismus im Denken: Wie sich unser Land selbst in den Abgrund treibt

Mein Freund will es mir nicht glauben. Wie stark das sozialistische Denken in Deutschland ausgeprägt ist, kann er – ein ehemaliger Vize-Regierungschef eines europäischen Landes – sich beim besten Willen nicht vorstellen. Und all meine Versuche, ihn im Gespräch zu überzeugen, hatten nur begrenzten Erfolg.

Wir sprachen über den Niedergang unseres Landes – der im In- wie Ausland ebenso offensichtlich ist wie hartnäckig ihn Journalisten als „rechte Verschwörungstheorie“ diffamieren. Wir sprachen auch über den merkwürdigen Umgang der Deutschen mit Erfolg. Ich erzählte ihm, dass hierzulande Menschen, wenn sie sich durch Fleiß, Intelligenz und Sparsamkeit ein Vermögen aufgebaut haben, schräg angeschaut werden.

Er lachte erst, dann wurde er still. Und fragte dann ernsthaft: „Wirklich? In Deutschland? Dem Land der Ingenieure und des Wirtschaftswunders?“

Ein paar Stunden später sah ich mir X unter dem Eindruck des Gesprächs an und fand eine Bestätigung nach der anderen. Nur einen einzigen Kommentar will ich herausgreifen – das soll hier ja ein Artikel werden und kein ganzes Buch. Nehmen wir also den Tweet der Ex-“Jacobin”-Chefredakteurin Ines Schwerdtner:

„Die einzigen, die über ihre Verhältnisse leben, sind 800.000 in Deutschland, die nur von ihrem Vermögen leben können. Merz eingeschlossen.”

Man liest so einen Satz und spürt, wie viel Verachtung darin mitschwingt. Für alle, die sich aus eigener Kraft unabhängig gemacht haben. Für alle, die nicht auf den Staat angewiesen sind. Für alle, die genau das verkörpern, was man in normalen Ländern als Vorbild sehen würde.

Ich schrieb als Reaktion an meinen Freund:

“Irre – in einem anderen Land würde man vielleicht sagen: ‘Wow, wir haben 800.000, die von ihrem Vermögen leben können. Wir sind fleißig, wir können stolz sein.’ Deutschland dagegen ist mittlerweile so sozialistisch, dass Leistung verdächtig und Besitz ein Makel ist. Wer sich etwas erarbeitet hat, erntet nicht mehr Respekt, sondern den Ruf nach Umverteilung – ausgerechnet von jenen, die selbst nie etwas auf die Beine gestellt haben. Man fragt nicht mehr, wie jemand es geschafft hat – sondern, warum er das überhaupt noch behalten darf.”

Ich stellte mir selbst die Frage: Wie sozialistisch ist Deutschland heute wirklich? Hier meine Antwort – die ich zuerst meinem Freund schickte. Und die leider niederschmetternd ist: Deutschland hat in großen Teilen die Mentalität des Sozialismus übernommen – nicht in der Wirtschaftsordnung, sondern im Denken. Wer Vermögen hat, gilt nicht mehr als tüchtig, sondern als verdächtig. Wer sich unabhängig macht, dem muss man Grenzen setzen. Wer erbt, soll möglichst wenig bis gar nichts behalten dürfen. Und wer sein Leben lang spart, muss im Alter umverteilen.

Vor allem aber: Der Reichtum anderer wird nicht mehr als Ansporn gesehen – sondern als Kränkung.

Doch es geht nicht nur um Neid – es geht um Kontrolle.

Wer von seinem Vermögen lebt, ist nicht nur unabhängig vom Arbeitgeber – sondern auch vom Staat. Und genau das macht ihn in den Augen vieler verdächtig. Denn Unabhängigkeit passt nicht ins Weltbild einer politischen Klasse, die sich zur obersten Versorgungsinstanz erklärt hat.

Wer keine Sozialleistungen bezieht, keine Fördermittel braucht, keinen Antrag stellen muss – entzieht sich der moralischen Bevormundung. Und wer frei ist, ist schwerer steuerbar.

Vielleicht ist es genau das, was so viele an den 800.000 Privatiers stört:

Sie zeigen, dass man den Staat nicht braucht, um gut zu leben.

Ich bin immer wieder erstaunt, wie tief die sozialistischen Ideen in Deutschland verankert sind. War das immer so? Oder hat die Wiedervereinigung mit der DDR eine entscheidende Rolle gespielt? In einem anderen Land würde man vielleicht sagen: „Wow, wir haben 800.000 Menschen, die von ihren Ersparnissen leben können – wir sind fleißig, wir sind eine Erfolgsgesellschaft!“ In Deutschland ist es genau umgekehrt.

Und das ist nicht nur ein Gefühl – das ist eine historische Gesetzmäßigkeit. Wer Umverteilung über Eigentum stellt, wer Kapital zum Sündenbock macht, wer glaubt, man könne durch Gleichmacherei Wohlstand erzeugen, der landet nicht in der Gerechtigkeit, sondern in der Verelendung.

Ich sage das als jemand, der schon in jungen Jahren in der SPD war und die alte Weisheit in sich aufgesogen hat, die Willy Brand gerne von sich gab: „Wer in jungen Jahren kein Sozialist ist, hat kein Herz, wer es im Alter immer noch ist, hat keinen Verstand.“

Der Sozialismus produziert am Ende keine Gleichheit im Wohlstand – sondern Gleichheit im Mangel. Und das ist keine Theorie, das ist Praxis. Von der DDR bis nach Venezuela. Erst vertreibt man die Leistungsträger. Dann bricht die Wertschöpfung ein. Und am Ende tut man so, als hätte man das nie gewollt.

Der zentrale Denkfehler vieler Linker: Sie sehen Reichtum als Kuchen, den man nur gerecht aufteilen müsse. In Wahrheit muss man den Kuchen erst einmal backen. Statt den Bäcker zu demotivieren, zu vertreiben oder direkt oder indirekt zu enteignen.

Aber in Deutschland gilt: – Wer den Kuchen gebacken hat, soll den größten Teil abgeben. – Wer nur zuschaut, bekommt ein Stück. – Und wer laut genug ruft, er sei „strukturell benachteiligt“, darf entscheiden, wer wie viel bekommt.

Und was die Anhänger der Umverteilung dabei nicht verstehen:

Vermögen ist nicht statisch. Es arbeitet, schafft Jobs, fördert Innovation. Wer es presst, presst das Wachstum aus dem System.

Reiche sind keine Ressource, die man ausbeuten kann. Sie sind mobil. Wenn sie gehen, geht nicht nur ihre Steuerleistung – sondern auch ihre Investitionskraft.

Verteilung ohne Leistung demotiviert. Wer hört, dass sein Erfolg nur „Privileg“ sei, strengt sich nicht mehr an. Wer fürs Nichtstun belohnt wird, lernt, dass Leistung sich nicht lohnt.

Und das Ironischste daran: Gerade jene, die vom „einfachen Volk“ reden, sitzen oft selbst auf sicheren Posten – Stipendien, Stiftungen, NGOs. Die Revolution wird aus der Altbauwohnung geführt – mit Fußbodenheizung.

Natürlich bin ich für einen Sozialstaat. Für Hilfe in Notlagen. Für Fürsorge, wo Menschen unverschuldet in Bedrängnis geraten – etwa durch Strukturwandel und Arbeitsplatzabbau. Für solidarische Verantwortung, etwa für Kranke oder Menschen mit Behinderung (ja, das Wort darf man noch benutzen). Aber das ist etwas anderes als Sozialismus.

Sozialstaat heißt: Hilfe zur Selbsthilfe. Sozialismus heißt: Gleichmacherei und Kontrolle. Wer das verwechselt, zerstört das eine – und bekommt das andere.

Bizarre Wahrnehmung

Was bleibt, ist ein bitteres Fazit: Deutschland ist materiell noch reich – aber mental tief verunsichert. Solange Erfolg als Provokation gilt und nicht als Ansporn, wird dieses Land nicht wieder frei sein. Und weiter den Bach runtergehen.

Schon heute wird mit immer neuen steuerlichen Erschwernissen für den Wegzug eine neue Mauer errichtet: Eine fiskalische, eine für die Tüchtigen, die Leistungsträger. Von denen immer mehr ihr Heil in der Flucht sehen.

Deutschland ist materiell noch reich – doch der Reichtum kommt von der Substanz. Unser Land praktiziert Sozialismus, der von der Substanz der alten Marktwirtschaft lebt.

Mental ist unser Land tief verunsichert, ja demoralisiert – um nicht das Wort „zersetzt“ zu gebrauchen, das einst die Stasi prägte – und das besonders gut passt.

Solange Erfolg als Provokation gilt und nicht als Ansporn, wird dieses Land nicht wieder frei sein. Und weiter den Bach runtergehen.

Wenn Erfolg stört und Besitz verdächtig ist, dann ist das nicht Fortschritt – sondern Rückschritt im Namen der Tugend.

Und irgendwann werden selbst die Tugendwächter merken, dass man von Moral allein keine Miete zahlen kann.

Deutschland enteignet nicht nur Kapital – sondern auch Antrieb, Freiheit und Vernunft.

Die, die noch etwas bewegen könnten, sollen still sein.

Und die, die alles verteilen wollen, merken nicht, dass am Ende nichts mehr da ist.

Offenbar braucht es wieder leere Regale, kalte Wohnungen und Hyperinflation – bevor dieses Land sich erinnert, wo Wohlstand wirklich herkommt.

Quelle

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