Huawei gibt enorme Summen aus, um die technologische Abhängigkeit von den USA zu senken

China versucht, die eigene moderne Produktion von Halbleitern aufzubauen

Das chinesische Unternehmen Huawei hat über das letzte Jahrzehnt den eigenen Einschätzungen nach in die Wissenschaft und Neuentwicklungen fast 130 Milliarden Dollar investiert. Nur im Jahr 2021 führte es dorthin fast ein Fünftel seines Erlöses zu. Der Technokoloss entwickelt neue Prozessoren und Ausstattung, wo keine amerikanischen Technologien benutzt werden, um die Sanktionen zu umgehen.

Das erste Problem von Huawei ist es, dass es keine eigene Chip-Architektur hat. Das Unternehmen entwickelte noch in den Nullerjahren einen nicht schlechten Chip Kirin für Mobilgeräte und richtete danach eine Massenherstellung von Smartphones und Gadgets auf seiner Basis ein. Entwickelte aber nicht komplett von vorne, sondern lizensierte die ARM-Architektur von der gleichnamigen britischen Firma, die nun dem amerikanischen Unternehmen NVIDIA gehört. Nachdem die US-Sanktionen verhängt worden waren, widerriefen die Briten die Lizenz. Fast ein Jahr lang versuchte Huawei im Gericht zu beweisen, dass die ARM keine amerikanischen Entwicklungen sind und dementsprechend von den US-Einschränkungen nicht betroffen sind. Doch im Sommer 2020 gab das chinesische Unternehmen zu, dass die Kirin-Produktion eingestellt werden muss.

Es ist klar, warum Huawei seinerzeit die ARM-Architektur gewählt hat: Sie ist de facto der Standard in der Branche, die überwiegende Mehrheit der Smartphone- und Gadget-Produzenten benutzen in ihren Geräten ARM-Prozessoren. Vor etwa 10 Jahren versuchte Intel das britische Monopol zu zerstören, indem die Firma die Atom-Chips für Mobilgeräte vorgestellt hatte. Einige Produzenten, darunter auch der taiwanische ASUS und chinesische Lenovo, stellten Handys auf Intel Atom-Basis her, doch die wurden keine Bestseller. Und heute sieht das fast genauso wie vor 10 Jahren aus: ARM im Bereich der Mobilgeräte zusammenzudrängen, hat bislang noch niemand geschafft.

Huawei hat nicht so viele weitere Handlungsoptionen. Das Unternehmen kann versuchen, sich mit Amerikanern zu verständigen, um die ARM-Architektur weiter zu benutzen (das kommt aber unwahrscheinlich vor). Oder es wird neue Prozessoren entwickeln müssen, denen zugrunde andere Architekturen liegen. Hier gibt es auch keine große Auswahl: Es gibt ein paar freie Projekte, die Huawei seinen Bedürfnissen anpassen könnte, doch nur zwei davon – OpenRISC und RISC-V – wurden im Silizium umgesetzt, in Form physischer Prozessoren. Das zweite Projekt sieht bevorzugter aus: Es gibt schon einige Chips auf RISC-V-Basis, darunter auch der 16-Kern-Prozessor XuanTie 910, den 2019 das chinesische Unternehmen T-Head (gehört der Alibaba Group) vorgestellt hat. Im Oktober 2021 veröffentlichte der gleiche Chip-Produzent die Ergebnisse der Arbeit an der Übertragung von der Android-Plattform auf RISC-V-Chips mit einer offenen Lizenz. Huawei, das ein Mitglied des internationalen Konsortiums für die Unterstützung und Entwicklung von RISC-V ist, hat auch eigene Entwicklungen auf der Basis dieser Architektur. Im Mai 2021 produzierte die Firma HiSilicon, die Huawei gehört, ihr erstes Systemboard auf der RISC-V-Architektur, das für Geräte im Internet der Dinge (IoT) geeignet ist.

Natürlich kann Huawei die ARM-Architektur auch ohne Entwicklerlizenz weiterbenutzen. Dann stellt sich aber eine andere Frage: Und wo sollen sie produziert werden? Es ist offensichtlich, dass Chip-Hersteller außerhalb der Volksrepublik China keine Aufträge auf Herstellung von unlizenzierten chinesischen Prozessoren annehmen werden. Und in Kontinental-China gibt es keine Fabriken, die Chips den modernen Normen gerecht herstellen können. Den Systemprozessor von 7 Nanometer hat der in der VR China größte Halbleiter-Produzent SMIC gemeistert, doch Huawei passt das nicht wirklich, weil die Konkurrenten schon Smartphones auf 5-Nanometer-Chips vorgestellt haben. Außerdem ist eine SMIC-Fabrik in Shenzhen mit Kapazitäten von 40 Tausend Siliziumboards pro Jahr, laut offenen Quellen, offenbar nicht genug, um den ganzen Bedarf von so einem großen Unternehmen wie Huawei zu decken.

Huawei stieß auf Probleme bei der Chip-Produktion noch vor einigen Jahren. Früher war das Unternehmen der drittgrößte Kunde vom taiwanischen TSMC. Ende 2019 entfielen 14 Prozent aller von TSMC produzierten Chips auf die Aufträge des chinesischen Technogiganten. Doch im Mai 2020, etwa nach einem Jahr, nachdem die amerikanischen Sanktionen verhängt worden waren, beendete der weltweit größte Chip-Produzent unter Druck seitens der USA alle Beziehungen zu Huawei. Doch im Oktober desselben Jahres erlaubten die USA TSMC Prozessoren für Chinesen herzustellen, aber nach überholten Normen, mindestens 28 Nanometer. Modernere Systemprozessoren sind für Huawei nach wie vor unzugänglich

Klar, es gibt noch die koreanische Firma Samsung, die 2020 den Systemprozessor von 5 Nanometer meisterte. Sie möchte aber auch wegen der Zusammenarbeit mit Huawei unter amerikanische Sekundärsanktionen nicht geraten. Zumal hat sie auch ohne dies genug Aufträge: Heute sind alle Produzenten vor dem Hintergrund des globalen Chip-Defizits zu 100 Prozent beladen, und freie Kapazitäten zu finden, ist unmöglich.

China hat die Aufgabe bestimmt, die eigene moderne Produktion von Halbleitern aufzubauen, doch das ist nicht so einfach. Es ist klar, Finanzmöglichkeiten dazu hat die größte Weltwirtschaft. Es gibt aber Probleme vom technologischen Charakter. Der Schlüsselprozess ist Fotolitographie, wenn Chips Struktur auf Silizium übertragen wird. Die entsprechende Ausstattung produzieren nur noch einige Unternehmen, darunter das amerikanische Intel, japanische Nikon und Canon sowie das holländische ASML, der Anführer dieses Markts. Ob Chinesen es schaffen, sie zu überzeugen, gegen das US-Sanktionsregime zu verstoßen, heißt die Frage.  

Vorschaubeispiel: 2018, noch vor den Sanktionen gegen Huawei, gewährte die niederländische Regierung ASML die Lizenz auf Verkauf ihrer progressivsten Maschine für EUV-Litographie an die chinesische Firma. Solche Ausstattung, die an hartem Ultraviolett funktioniert, wird für Herstellung von Chips für Systemprozessoren von 10 Nanometer und weniger gebraucht. Die Administration des damaligen US-Präsidenten Trump veranstaltete eine großangelegte Kampagne, um dieses Deal zu blockieren. Letztendlich beschloss die holländische Regierung im Sommer 2019, diese Ausfuhrlizenz ASML nicht zu verlängern, und die Maschine im Wert von 150 Millionen Dollar wurde im Endeffekt nach China nicht geschickt.

Jetzt hat Huawei keine eigenen Fabriken, wo Halbleiter hergestellt werden, doch Ende 2021 erschienen inoffizielle Informationen, dass das Unternehmen zusammen mit dem größten chinesischen Chip-Produzenten SMIC wollen, ihren ersten eigenen Betrieb zu bauen. Vermutlich wird er in Shenzhen liegen.

Außerdem werden bei der Entwicklung und Produktion von Chips andere amerikanische Technologien benutzt, für die bislang keine Alternativen gibt. Im Einzelnen ist das die Software von Firmen Cadence und Synopsys. Aber die chinesische Empyrean Software entwickelt schon jetzt die eigene Soft für Design von Prozessoren.

Falls Huawei die Aufgabe gestellt hat, der technologischen Abhängigkeit von den USA loszuwerden, zweifellos schafft das Unternehmen das früher oder später. Doch das kann Jahre dauern. Jetzt schlagen Chinesen den gleichen Weg ein, den vorher Japaner und Koreaner genommen haben: Zunächst geht es um Nachbau westlicher Produkte und Technologien, danach – Entwicklung der eigenen mit der gleichzeitigen Massenproduktionsentwicklung. Das Ergebnis ist kalkulierbar: Alles klappt. Hier könnte man daran erinnern, dass Mitte des 20. Jahrhunderts Amerikaner und Europäer über Produkte zuerst der japanischen, dann noch der koreanischen Autoproduktion spotteten. Und heute werden diese Autos in der ganzen Welt gefahren.                                

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