Geschichte wiederholt sich zwar nicht, aber manchmal arrangiert sie Bekanntes auf frappierende Weise neu. Die Rolle Polens als Brandbeschleuniger in der europäischen Politik ist so ein Fall. Er mutet besonders tragisch an, weil die historische Erfahrung ein schlimmes Ende ahnen läßt.
Eigentlich müßte die Lektion, die Polen im 20. Jahrhundert lernen mußte, auf Generationen hinaus ausreichen, um die gleichen Fehler kein zweites Mal zu machen. Man erinnert sich: im Ersten Weltkrieg vom deutschen und vom österreichisch-ungarischen Generalstab als souveräner Staat neugegründet, verscherzte es sich Polen innerhalb kürzester Zeit mit allen seinen Nachbarn. Von Anfang an drangsalierte es die volksdeutsche und die ukrainische Minderheit auf seinem Territorium und versuchte wiederholt, Frankreich und England zum Krieg gegen Deutschland aufzuhetzen.
Am 10. April 1923 proklamierte Polens Ministerpräsident Wladyslaw Sikorski in Posen eine Verdrängungs- und Enteignungspolitik gegen die etwa 1.200.000 Deutschen, die in den 1919 von Polen okkupierten preußischen Provinzen Westpreußen und Posen lebten. Tausende Deutsche wurden vor und nach dieser Proklamation durch Polen ermordet oder vertrieben.
Sowjet-Rußland brachte Warschau gegen sich auf, als es sich im Frieden von Riga (1921) weite Teile der Ukraine und Weißrußlands unter den Nagel riß. Nirgends in den neuerworbenen Gebieten stellten Polen die ethnische Mehrheit.
Von Polen in der Zwischenkriegszeit erobert und nach dem deutsch-sowjetischen Nichtangriffsvertrag wieder verloren: das mehrheitlich von Nichtpolen bewohnte „Ostpolen“ (grau gefärbt).
Die unvermeidliche Quittung kam 1939. Nachdem die britische Regierung Warschau den berühmt-berüchtigten „Blankoscheck“ ausgestellt hatte – die Versicherung, Polen im Fall eines militärischen Konflikts beizustehen –, schwand dort der letzte Rest an Zurückhaltung. Der Terror gegen die deutsche Minderheit steigerte sich nochmals, der Krieg gegen Deutschland war beschlossene Sache, an Verhandlungen war Warschau – von den Westmächten so instruiert – nicht interessiert.
Am 22. März 1939 rief die polnische Regierung, unterstützt und ermutigt von England und auch Frankreich, drei Reservistenjahrgänge ein; die polnische Kriegspropaganda lief an.
Der polnische Wahnwitz sowie eine geradezu psychopathische Selbstüberschätzung sprechen – unter anderem – aus diesen Zitaten.
A.) Im Mai 1939 – nach der Garantie des Vereinigten Königreichs für Polen – fanden auch polnisch-französische Generalstabsbesprechungen in Paris statt. Der polnische Kriegsminister General Kasprzycki und sein Generalstabschef waren in Paris, um mit General Gamelin zu konferieren. Bei einem Frühstück wurde – in Anwesenheit des damaligen französischen Außenministers Georges Bonnet – der polnische Kriegsminister nach dem Zustand der Befestigungen an der deutsch-polnischen Grenze gefragt. Kasprzycki antwortete: „Wir haben keine [Befestigungen], denn wir gedenken einen Bewegungskrieg zu führen und gleich zu Beginn der Operationen in Deutschland einzufallen.“ (Georges Bonnet: „Vor der Katastrophe“, Köln, 1951, S. 220 ff.)
B.) „Immer allgemeiner ist jetzt die Auffassung, daß ,Karthago' [gemeint ist das Deutsche Reich] zerstört werden müsse. Mit raschen Schritten nähert sich der Augenblick, in dem die Meinung über die Notwendigkeit der Beseitigung des ,Pestherdes' im Zentrum Europas Allgemeingut wird. Dann wird von Deutschland nur noch ein Trümmerhaufen übrigbleiben.“ („Kurjer Polski“ vom 10. 8. 1939)
C.) „Polen will den Krieg mit Deutschland, und Deutschland wird ihn nicht vermeiden können, selbst wenn es das wollte“, meinte Marschall Edward Rydz-Śmigły, der Generalinspekteur der polnischen Armee und seit , in einem öffentlichen Vortrag vor polnischen Offizieren im Sommer 1939. (Heinz Splittgerber: „Unkenntnis oder Infamie? – Darstellungen und Tatsachen zum Kriegsausbruch 1939“, Recklinghausen, 1996. S. 7)
D.) „Wir sind bereit, mit dem Teufel einen Pakt abzuschließen, wenn er uns im Kampf gegen Hitler hilft. Hört ihr: Gegen Deutschland, nicht nur gegen Hitler. Das deutsche Blut wird in einem kommenden Krieg in solchen Strömen vergossen werden, wie dies seit Entstehung der Weit noch nicht gesehen worden ist.“ So die Warschauer Zeitung „Depesza“ vom 20. August 1939.
E.) Im Sommer 1939 rechnete Polen mit einem schellen Sieg über die deutsche Wehrmacht. Selbst der polnische Generalstab war sich eines schnellen Vormarsches bis Berlin sicher. Als der damalige französische Außenminister George Bonnet dem polnischen Botschafter in Paris, Graf Julius Lukasiewicz, bei einer Unterredung am 15. August 1939 warnend vorhielt, daß Hitler die polnische Armee innerhalb von drei Wochen zu besiegen gedenke (was dann bekanntlich auch geschah), antwortete dieser entrüstet: „Im Gegenteil, die polnische Armee wird vom ersten Tage an nach Deutschland eindringen.“ („Frankfurter Allgemeine Zeitung“, Nr. 202, 31. August 1979, S. 6)
Bezeichnend war ein Vorfall, den Ernst Riezler aus München in einem Leserbrief an die Illustrierte „Quick“ (Folge 45, 1979) erwähnte: „Der polnische Marschall Rydz-Smigly ließ sich bereits vor dem September 1939 ein Ölgemälde anfertigen, das ihn hoch zu Roß in voller Galauniform unter dem Brandenburger Tor zeigt.“
Und auch in einem fast ganzseitigen Bericht über „Polen 1939“ in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ heißt es: „Diese Siegeszuversicht [Polens], die sich nicht zuletzt auf den Ausbruch eines ,allgemeinen Krieges' stütze, entsprach im übrigen auch ein Gemälde, das der polnische Oberkommandierende, Marschall Rydz-Smigly, bereits im Sommer 1939 in Auftrag gab und das ihn hoch zu Roß in voller Galauniform als Sieger unter dem Brandenburger Tor zu Berlin zeigte.“ („Frankfurter Allgemeine Zeitung“, Nr. 202, 31. 8. 1979, S. 5 f.)
Polens Stabschef Edward Rydz-Śmigły läßt sich bereits im März 1939 als „Sieger von Berlin“ malen.
Die Wehrmacht machte dem Spuk in knapp drei Wochen ein Ende, und die Sowjetunion holte sich ihre 1921 verlorenen Gebiete zurück. Polen hörte auf zu existieren und war nach 1945 jahrzehntelang ein sowjetischer Satellitenstaat.
Wir erleben derzeit eine Neuauflage dieses Geschehens. Sogar die wichtigsten Akteure sind im wesentlichen die gleichen. Und in Warschau regiert erneut eine Mischung aus Verblendung und nationalem Größenwahn, die man bestenfalls als dummdreist bezeichnen kann. Natürlich wurde sie in den letzten Jahrzehnten von den transatlantischen Eliten gezielt installiert, um Polen zum neuen Festlandsdegen der USA in Europa zu machen – und damit erneut zum absehbaren Opfer der westlichen Machtpolitik.
Und Polen spielt seine Rolle mit Inbrunst. Es ist unter der Regierung der nationalkonservativen PiS (Recht und Gerechtigkeit) von der fixen Idee besessen, zur stärksten Militärmacht in Europa zu werden. Im Sommer 2022 kaufte Polen in Südkorea (!) 48 Kampfjets, 648 Panzerhaubitzen und sagenhafte 1000 Kampfpanzer vom Typ K-2 „Black Panther“ ein. Seit Jahren bemüht sich Warschau hartnäckig, das alte Intermarium-Großmachtprojekt aus der Zwischenkriegszeit wiederzubeleben, natürlich mit dezenter US-Unterstützung. Gleichzeitig läßt man keine Gelegenheit ungenutzt, um Deutschland vor den Kopf zu stoßen und Rußland zu provozieren. Und natürlich gehört Polen zu den größten Nutznießern der Sprengung der russisch-deutschen Nord Stream-Pipelines – nicht umsonst bedankte sich der frühere Verteidigungsminister Sikorski zwei Tage nach den Anschlägen dafür mit einem demonstrativen Tweet bei den USA.
Dieser Tage nun erfolgte der nächste Paukenschlag. Auch er kommt nicht unerwartet und ist Teil des größeren geopolitischen Spiels, für das sich Warschau bereitwillig instrumentalisieren läßt. Am 21. März nahmen die USA ihren ersten ständigen Militärstützpunkt in Polen in Betrieb. Zurecht sprechen Beobachter von einem „historischen Ereignis“. Er verstärkt die NATO-Präsenz im unmittelbaren Vorfeld Rußlands und zementiert den Bruch des Versprechens, das Rußland 1990 gegeben wurde, wonach sich das westliche Militärbündnis nicht über die frühere DDR hinaus nach Osten ausdehnen werde.
In Warschau triumphiert man. „Dies ist ein historischer Moment, ein Zeichen dafür, daß sich die Vereinigten Staaten zu Polen und der NATO bekennen und daß wir im Angesicht der russischen Aggression vereint sind“, halluzinierte der polnische Verteidigungsminister Błaszczak. Dabei ist Polen ohnehin schon Aufmarschgebiet und logistische Drehscheibe der NATO für den Krieg in der Ukraine. Der Regionalflughafen von Rzeszów-Jasionka unweit der Karpaten hat sich zum Logistikzentrum für Nachschublieferungen aller Art in die Ukraine entwickelt. Er wäre das erste Ziel für russische „Kinshals“, sähe sich Moskau zum Handeln genötigt. Experten sprechen von einem „neuen Ramstein“ – in Anspielung an die Ramstein Air Base in Rheinland-Pfalz, seit Jahrzehnten einer der wichtigsten US-Standorte in Europa. Diese Rolle würde künftig gerne Polen spielen.
Der ultra-katholische Pole Mariusz Błaszczak (* 19. September 1969 in Legionowo) ist seit November 2015 Innenminister im Kabinett Szydło und seit Januar 2018 Verteidigungsminister im Kabinett Morawiecki I und Morawiecki II. – Er ist von Polens neuer (alter) Rolle vollauf begeistert.
Mit Blick auf den traditionellen polnischen Größenwahn kann man nur von einem Harakiri-Kurs sprechen. Warschau glaubt sich durch die US-Präsenz auf der sicheren Seite – und blendet aus, daß Washington bisher noch jeden Verbündeten eiskalt im Stich gelassen hat. Auch diesmal werden die USA nicht nur die Ukraine, sondern erforderlichenfalls auch Polen verheizen, ehe sie sich selbst in Gefahr bringen.
Die polnische Regierung sieht das alles nicht. Sie ist im Kriegsfieber wie 1939. Sie war die treibende Kraft hinter der sogenannten „Panzer-Allianz“, die in den nächsten Wochen und Monaten Kampfpanzer an die Ukraine liefern will. Neuerdings macht sie sich auch für die Lieferung von Kampfjets an Kiew stark. Schon seit Monaten kursieren Meldungen, wonach die polnische Armee Vorbereitungen trifft, mit oder ohne NATO-Mandat zumindest in der Westukraine militärisch zu intervenieren – und damit die alten „polnischen Ostgebiete“, die übrigens nie mehrheitlich von Polen besiedelt gewesen waren, wieder zurückzuholen. Mehr als 20.000 Polen sollen – – bereits als „Freiwillige“ für die ukrainischen Streitkräfte im Einsatz sein, und auf Telegram-Kanälen tauchen immer wieder Bilder und Videos von getöteten polnischen Soldaten auf.
Jetzt, mit den US-Amerikanern im Rücken, könnte es bald „heiß“ werden. Als erster hochrangiger NATO-Politiker hat sich kürzlich der polnische Botschafter in Frankreich, Jan Emeryk Rościszewski, unverhohlen für einen Kriegseintritt in der Ukraine ausgesprochen. „Entweder, die Ukraine kann sich verteidigen, oder wir müssen in den Konflikt eingreifen“, sagte Rościszewski in einem Interview des französischen Nachrichtensenders LCI. Jeder sieht, daß sich die Ukraine nicht mehr lange halten kann. Selbst Selenskyj räumt inzwischen ein, daß die Lage verheerend ist.
Der Ex-Banker Jan Emeryk Rościszewski (* 4. Juni 1965 in Warschau ), seit April 2022 Botschafter Polens in Frankreich, trug am 18. März 2023 ganz undiplomatisch sein Herz auf der Zunge.
Die NATO wäre damit schlagartig Kriegspartei. Und Polen hätte wieder einmal einen Weltkrieg ausgelöst.
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