Germany's Master Voice

Deutschlands Souveränität reicht nicht einmal mehr für einen Erfüllungsgehilfen

„Deutschland ist seit dem 8. Mai 1945 zu keinem Zeitpunkt mehr voll souverän gewesen.“ Wolfgang Schäuble, Ex-Bundesminister der Finanzen, vor dem Europäischen Bankenkongreß am 18. November 2011.

Die Souveränitätsfrage gewinnt politisch zunehmend an Aktualität, oder sollte es zumindest. In Zeiten wachsenden Einflusses supranationaler Institutionen, verstärkter Lobby-Arbeit seitens Nichtregierungsorganisationen und immer mächtiger werdender internationaler Konzerne wird die Souveränität über Gestaltungspotenziale der Nationalstaaten bzw. das Portfolio deren tatsächlicher Kompetenzen stark relativiert.

Dies vollzieht sich jedoch nicht in gleichmäßiger Intensität betreffend aller Staaten. Insbesondere mit Blick auf Deutschland ist in verschiedener Hinsicht immer wieder festzustellen, daß es zu unbeeinflußtem eigenständigen Handeln nicht oder zumindest nur sehr rudimentär in der Lage ist. Interessanterweise zeigt sich dies in jüngster Zeit im Bereich der Kriegswirtschaft erneut, konkret betreffend der Debatten um Waffenlieferungen für die Ukraine.

Schon als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Februar vergangenen Jahres anläßlich der Pressekonferenz, in der US-Präsident Joe Biden das Nord Stream-Ende verkündete, wortlos wie ein begossener Pudel am Pult stand, konnte man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß der deutsche Kanzler rein gar nichts zu melden hat, selbst wenn das Thema massiv deutsche Interessen tangiert.

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Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Scholz blickt während seiner letzten Audienz am 3. März 2023 im Weißen Haus servil lächelnd zu seinem Master Biden hoch.

Als sich bezüglich der ukrainischen Forderungen nach deutschen Panzerlieferungen Olaf Scholz anfänglich etwas zu zögerlich zeigte, titelte bezeichnenderweise das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) im Januar dieses Jahres „Wie Joe Biden den Weg für die deutschen Leopard-Panzer freiräumte“. Wem dies immer noch nicht aussagekräftig genug ist, der lasse sich nachfolgenden Satz aus der RND-Meldung auf der Zunge zergehen: „Hinter den Kulissen aber wurde da in der amerikanischen Administration schon um einen Hebel gerungen, die Blockade der Leopard-Lieferungen durch die deutsche Bundesregierung aufzulösen.“ Nach souveräner, selbstbestimmter Entscheidungsfindung klingt dies nicht.

„Nach langem Zögern hat Bundeskanzler Olaf Scholz grünes Licht für die Lieferung von Leopard-2-Panzern gegeben“, hieß es am 25. Januar 2023 auch in der „Neuen Zürcher Zeitung“ (NZZ), die in der darauffolgenden Woche unmißverständlich titelte: „Olaf Scholz verkaufte seine Panzerwende als wohlüberlegte Entscheidung – tatsächlich aber wurde er wohl überrumpelt“.

Dem noch nicht genug, scheint es aber ganz so, als würde Deutschland nicht einmal mehr für die Rolle des Erfüllungsgehilfen über ausreichend Handlungskompetenz verfügen. Dies zeigt sich ironischerweise ausgerechnet am Beispiel der zu liefernden Leopard-2-Panzer, derer Deutschland zum Zeitpunkt als die Mauer fiel, noch mehr als 2200 hatte, jedoch heute kaum 150 einsatzfähige Exemplare mehr aufweisen kann. Zudem ließe sich in diesem Zusammenhang die Frage stellen, wie man – derartig in seiner Wehrfähigkeit kastriert – überhaupt souverän sein kann. Die exakte Zahl der Kampfwagen wird zwar seitens der Regierung geheim gehalten, aber aus der Ampelkoalition hieß es, daß nur für ein bis zwei ukrainische Kompanien Panzer abgegeben werden könnten. Dies wären, gemessen am deutschen Maßstab, nicht mehr als 28 Panzer für Selenskyjs Endsieg.

Man vernimmt auch beständige Klagen, daß es zu lange dauere, bis an die Ukraine geliefert werde bzw. gelieferte moderne Panzer zu Hause ersetzt werden könnten. Begrenzte Kapazitäten von Herstellern und Zulieferern werden dabei als Grund angeführt, weshalb dem – trotz des 100 Milliarden Euro schweren „Sondervermögens“ für die die militärische Aufrüstung – so ist.

Nebenbei bemerkt zeigt sich hier, daß tatsächlich die Wahrheit das erste Opfer des Krieges ist, denn um ein „Vermögen“ handelt es sich bei besagtem „Sondervermögen“ mitnichten, indem sich diese Verbindlichkeiten von ordinären Schulden einzig dadurch unterscheiden, daß sie nicht im Bundeshaushalt aufgeführt werden.

Im Bodenseeraum konzentriert sich die baden-württembergische Rüstungsbranche: Airbus stellt Drohnen her, Diehl Defence Lenkraketen und Hensoldt Rüstungselektronik. Rolls-Royce Power Systems (RRPS) aus Friedrichshafen liefert unter anderem auch Motoren und Getriebe für den Panzer Leopard 2, und laut „Stuttgarter Zeitung“ registriere man verstärktes Interesse seitens der Bundeswehr für Neufahrzeuge sowie für Ersatzteilbedarf und Ersatzmotoren.

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Leopard-2-Triebwerk. Motor links, HSWL-Getriebe rechts, darüber die Ringkühler. Seitlich am Motor der Kombinationsluftfilter (rechteckiger Kasten) zum Filtern der Verbrennungsluft.

Firmenkreise bestätigten jedoch, daß der Bau des Motors für den Leopard 2 äußerst zeitaufwendig sei, weshalb derzeit nicht mehr als acht Stück pro Jahr (sic!) realisierbar seien. Wollte man die 28 Leopard 2 ersetzen, die Deutschland an die Ukraine liefert, dann würde allein das länger als zwei Jahre dauern, erfuhr man diesbezüglich aus der „Tagesschau“. 

Ein Hochfahren der Produktion ist allerdings gar nicht so einfach, selbst dann, wenn die deutsche Regierung dies noch so sehr wünscht. Dies liegt daran, daß das Friedrichshafener Unternehmen zum britischen Rolls-Royce-Konzern gehört, will heißen, seine Produktionsentscheidung gar nicht selbständig treffen kann. Im Moment müsse man sich jede Stelle beim britischen Mutterkonzern genehmigen lassen, selbst wenn es sich nur um einen Gabelstaplerfahrer handle, beklagte Thomas Bittelmeyer, der Betriebsratsvorsitzende bei RRPS, die aktuelle Situation. Der Betriebsratsvorsitzende befürchtet sogar, daß die Zentrale in England Kapital aus Deutschland abziehen könnte, um es anderweitig im Konzern einzusetzen. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Volker Mayer-Lay ersuchte sogar schon um ein Gespräch mit der britischen Botschaft und bat die Bundesregierung, auf Downingstreet einzuwirken.

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Der Paneuropäer Volker Mayer-Lay (* 22. Juni 1981 in Überlingen) gewann bei der Bundestagswahl 2021 für die CDU das Direktmandat im Bundestagswahlkreis Bodensee.

Ein weiteres Beispiel verfehlter Industriepolitik durch die Deutschland zur Zeit im Auftrag Washingtons verwaltenden Heloten! Denn hieran zeigt sich, wohin ein Ausverkauf relevanter eigener Industriebereiche – insbesondere des extrem sensiblen militärischen Komplexes – führen kann. Man veräußerte erneut ein Stück staatlicher Souveränität.

In Sachen Munitionslieferungen für deutsche Waffensysteme sieht es nicht viel besser aus, zumal Olaf Scholz vergebens versucht hatte, die Versorgung der Ukraine mit Munition aus Brasilien oder Katar zu sichern. Brasiliens Präsident Lula da Silva hatte die Bitte von Scholz um Panzer-Munition für die Ukraine jedoch abgelehnt und sich stattdessen für Friedensgespräche ausgesprochen.

Es ist keineswegs neu, daß meist der US Military Industrial Complex an kriegerischen Handlungen, an welchem Ende der Windrose auch immer, gut verdient. Dies zeichnet sich auch bezüglich der Munitionslieferungen ab, die Deutschland sicherstellen soll. Weil es schwierig ist, genügend Munition für die Frontlinien zu produzieren, könnte der deutsche Regierungschef von US-Präsident Joe Biden unter Druck gesetzt werden, berichtete die Nachrichtensendergruppe Bloomberg. Eine mögliche Lösung wäre laut Bloomberg die Verlagerung eines Teils der Produktion in die USA, wo es mehr Kapazitäten gäbe. Es spricht Bände, daß zu Scholzens jüngster Blitzvisite im Weißen Haus erstmals in seiner Amtszeit Journalisten im Regierungsflugzeug unerwünscht waren. Auch die übliche Pressekonferenz im Weißen Haus entfiel.

Wo auch immer man derzeit hinblickt: nach deutscher Souveränität sucht man vergeblich.

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