Die pakistanische Front

Großbritannien und die USA schneiden Russland von Asien ab und bereiten für Russen einen asiatischen Kriegsschauplatz vor

In Pakistan wurde infolge des Staatsstreichs der beliebte pakistanische Ministerpräsident Imran Khan seines Amtes enthoben. Statt ihm hat das Parlament an die Spitze des Lands Shehbaz Sharif gebracht, den Vertreter eines einflussreichen probritischen Klans. Den Machtwechsel ermöglichte auch die Unterstützung des pakistanischen Militärs, das mit dem außenpolitischen Kurs des vorherigen Premierministers unzufrieden war. Eine Welle von Kundgebungen zur Unterstützung von Imran Khan löste sich im ganzen Land aus, die Abgeordneten seiner Fraktion verließen das Landesparlament. Die Konfrontation in Pakistan kann sich über viele Monate hinziehen. Die Folgen des Staatsstreichs in der islamischen Republik können die Lage eskalieren und zu einem großen Regionalkrieg führen, in den Afghanistan, Staaten Zentralasiens und Russland verwickelt werden.

Im August 2021 haben dunkle Wolken  angefangen, sich über der pakistanischen Regierung aufzuziehen, als in Afghanistan die Taliban an die Macht kamen. Pakistan wurde nicht ohne Grund die militärische und politische Unterstützung der Taliban vorgeworfen. Islamabad hat ziemlich komplizierte Beziehungen zu den selbst von den pakistanischen Geheimdiensten hinaufgezüchteten Taliban. Zugleich hat nicht nur Pakistan, sondern auch Hauptregionalakteure (Russland, China, der Iran, die Länder Zentralasiens bis auf Tadschikistan) de facto die Taliban unterstützt. Es wurde darauf gesetzt, dass hauptsächlich paschtunische Nationalisten und Islamisten der Taliban das ganze Land unter Kontrolle bringen und für eine relative Ruhe sorgen. Im Allgemeinen erfüllt sich bislang diese Hoffnung: Die Taliban äußerten den Wunsch, die Beziehungen zu den Nachbarländern zu entwickeln, und verzichteten auf die extremistischsten Praktiken. Doch das Schicksal von Imran Khan wurde anscheinend etwa später besiegelt – am 24. Februar 2022. Damals besuchte der pakistanische Ex-Premierminister mit einer Repräsentativdelegation Moskau und führte Verhandlungen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin an dem Tag durch, wo Moskau die Truppen in die Ukraine schickte. Nach Khans Rückkehr nach Pakistan wandten sich die Botschafter von 22 Ländern an ihn mit dem Vorschlag, „Russlands Aggression in der Ukraine“ zu verurteilen. Khan wies sie mit einer kategorischen Absage zurück. „Was hält ihr von uns? Dass wir eure Sklaven sind, die alles machen, was ihnen gesagt wird?“, erklärte er. Am 8. März brachte die Opposition, in der einflussreiche alte Clane aus den größten pakistanischen Provinzen – die Sharifs (aus Punjab) und die Bhutto Zardaris (aus Sindh) – das Sagen haben, ins Parlament das Vertrauensvotum für Khan (einen Paschtun aus Khyber Pakhtunkhwa) ein. Je weiter, desto mehr. Am 21. März kam in die Hauptstadt Usbekistans erstmals in der Neuesten Geschichte im Transit über Pakistan und Afghanistan eine Karawane aus Indien mit einer Fracht von 140 Tonnen an. Nach Tashkent wurde überwiegend Zucker angeliefert. Es geht aber nicht um die Nomenklatur der Fracht, sondern selbst um die Möglichkeit, dass so eine Karawane auf diesem Weg gezogen ist. Bei der vom Westen verhängten Handelsblockade Russlands ist selbst die Möglichkeit, Fracht auf der Route zu liefern, eine Frage von strategischer Bedeutung für Moskau. Es ist klar, dass Pakistan ein Schlüssel- und unersetzliches Glied dieser Route ist.

Am gleichen Tag, 21. März, trafen sich mit Imran Khan Chef des Landestruppenstabs, General Qamar Javed Bajwa und Chef des pakistanischen interministeriellen Geheimdienstes Nadeem Anjum. Die einflussreichen Militärs forderten einen unverzüglichen Rücktritt von Khan. Es ist bemerkenswert, dass am Tag zuvor Bajwa sich mit CIA-Chef William Burns traf. Nach diesem Treffen erklärte der pakistanische General, der einst die Entwicklung der Beziehungen zu Moskau befürwortete, dass „es für die russische Aggression keine Rechtfertigung gibt“, dass „der Einmarsch in die Ukraine sofort beendet werden muss“ und dass „eine Hälfte der Ukraine“ zerstört sei. Zudem betonte er die Bedeutung der strategischen Beziehungen zu den USA.

Anfang April gab Imran Khan die Parlamentsauflösung und die Durchführung der neuen Wahl bekannt. Doch das Parlament fügte sich nicht, und das Verfassungsgericht nahm für das Parlament Partei, das am 10. April die Entscheidung über das Vertrauensvotum für den Premierminister traf. Unter Mitwirkung von der Armeespitze und Geheimdiensten verlor Khan die Macht, und seinen Posten besetzte Shehbaz Sharif, Bruder des für Korruption verurteilten Ex-Premierministers Nawaz Sharif, der in der Verbannung in London lebt und im Mai in die Heimat zurückkehren will. Als Unterstützung des in Ungnade gefallenen Ex-Premiers und gegen ausländische Einmischung in die Angelegenheiten Pakistans fanden landesweit millionenstarke Kundgebungen statt. Imran Khan forderte eine neue Wahl.

Womit dieser interne Kampf endet, ist noch ungewiss, doch die Bestätigung der neuen proeuropäischen Regierung stellt offensichtlich in Frage eine Reihe der für Russland und China wichtigsten grenzübergreifenden Projekte. Das sind sowohl die Karawanenroute aus den indischen Häfen über die pakistanischen nach Zentralasien, als auch das Eisenbahnbauprojekt Mazar-e Sharif – Kabul – Peshawar und das Gasleitungsprojekt „Pakistan Stream“, sowie „Der chinesisch-pakistanischer Wirtschaftskorridor“ und nochmal chinesische Handels- und Militärpräsenz im strategischen Hafen Gwadar. Neben strategischen Wirtschaftsprojekten wird auch die Regionalsicherheit gefährdet.

Der Druck auf Indien mit der Forderung, die Beziehungen zu Moskau einzuschränken, hat zugenommen. Eine mögliche Verschärfung der Terrorbedrohung aus Pakistan in Kaschmir ist ein gutes Argument, um die Position zu korrigieren. Gleichzeitig mithilfe der ausländischen Geheimdienste heben den Kopf die von den Taliban zerschlagenen politischen Gruppierungen der afghanischen Tadschiken, die sich an Islamabad mir der Bitte wenden wollen, ihren Einzug in die afghanische Regierung zu fördern. Das Interesse von den afghanischen Tadschiken nutzen auch ihre Anhänger selbst in Tadschikistan aus, was zu der Gegenwirkung der Taliban gegen Duschanbe führt. Es wäre angebracht zu erwähnen, dass in Tadschikistan ein russischer Militärstützpunkt stationiert ist. Jegliche Destabilisierung in Afghanistan, besonders bei dem bevorstehenden Hunger in diesem Land, läuft unausweichlich auf Zentralasiens Länder über, auf das Feld russischen lebenswichtigen Interesses. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Hauptziel dieser „pakistanischen mehrzügigen Komposition“ ist, für Russland eine neue, „zweite Front“ schon in Zentralasien zu eröffnen.

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